Bundesarmee will Entmilitarisierung Dubrovniks

■ Bereits vor Ablauf des Ultimatums an die kroatische Nationalgarde greift die jugoslawische Bundesarmee Dubrovnik erneut an/ Zunehmende Kämpfe bei Vukovar/ Strafverfahren gegen 150 Offiziere der Bundesarmee wegen „Boykottaufrufen“

Belgrad (afp/taz) — Wird die jugoslawische Armee die Kämpfe um Dubrovnik einstellen, oder wird sie es zerstören? Diese Frage wurde am Wochenende wohl nicht nur von den Einwohnern der Hafenstadt gestellt. Für die erste Variante sprachen die Nachrichten noch am Sonntag vormittag. Gestützt auf ihre militärischen Erfolge hatten die serbischen Generäle die Entwaffnung der kroatischen Nationagarde bis 20 Uhr gefordert. Gleichzeitig wurde die Bevölkerung aufgefordert, die Stadt zu verlassen, das Gebiet um Dubrovnik solle entmilitarisiert werden.

Keinen Anspruch auf Dubrovnik erhob der lokale Armeekommandant. Die Bundesarmee habe vielmehr nun alle strategischen Ziele erreicht, bis zu einer politischen Lösung werde man dies besetzt halten. Der Leiter der EG-Beobachter, Simon Smits, teilte am Samstag in Zagreb mit, daß die Armee eingewilligt habe, am Sonntag Militärattachés und ausländische Journalisten nach Duburovnik hineinzulassen. Die Bombardierungen hätten bislang in der historischen Altstadt nur geringe Schäden angerichtet.

Bereits wenig später meldete das kroatische Fernsehen dann jedoch erneute Artillerieangriffe auf die seit mehr als drei Wochen von der Außenwelt abgeschnittene Stadt. Ein möglicher Grund: Die Kroaten haben sich geweigert, den Kampf einzustellen. Sie lehnen die Methode, „Probleme mit Ultimaten lösen zu wollen“, ab.

Von Stunde zu Stunde heftiger wurden nach Berichten Radio Zagrebs auch die Kämpfe um das ostslawonische Vukovar. Dabei seien am Sonntag zwei Menschen getötet und 23 verletzt worden. In der seit zwei Monaten belagerten Stadt fehlen den 15.000 verbliebenen Einwohnern Nahrungsmittel, Medikamente und Wasser. Eine neue Front entstand dagegen bei Podravska Slatina, 140 Kilometer östlich von Zagreb. Nachdem — laut der Belgrader Nachrichtenagentur 'Tanjug‘ — die Kroaten Einheiten der Territorialverteidigung in mehreren serbischen Dörfern angegriffen hatten, entwickelten sich „schwere Kämpfe“.

Bundesarmee verläßt Mazedonien

Wie groß die Nachschubprobleme der Bundesarmee inzwischen geworden sind, machen zwei andere Meldungen deutlich: Die Militärbehörden an der Front um Dubrovnik haben Strafverfahren gegen mehr als 150 aktive Offiziere und Reservisten eingeleitet, und die Bundesarmee zieht sich aus Makedonien zurück. Die Soldaten werden beschuldigt, die „Einheit der Armee zerstört“ zu haben, sie sollen die Mobilmachung verhindert und öffentlich zu ihrem Boykott aufgerufen haben.

Mazedoniens Regierung zeigte sich von dem Rückzug der Armee überrascht. Nun will der Präsident der Republik, die wenige Monate nach Slowenien und Kroatien seine Unabhängigkeit erklärt hatte, den jugoslawischen Verteidigungsminister bitten, den Rückzug zu verlangsamen oder bis zur endgültigen Lösung der jugoslawischen Krise aufzuhalten. Besondere Beunruhigung dürfte in Mazedonien dabei der Abzug der Posten an den Grenzen zu Albanien, Griechenland und Bulgarien hervorgerufen haben. Denn besonders in Griechenland und Bulgarien wird die Existenz einer „mazedonischen Nation“ geleugnet, gibt es Überlegungen, auf welche Teile der republik man nach dem endgültigern Zerfall Jugoslawiens Anspruch erheben könnte. her