Eiche ab.

■ Oder: Wie Gerhard Johann Friedrich B. zum Täter werden mußte / „Sah nicht aus“

Sie hätten sich ich ja nur einverstanden erklären müssen, die schwerfälligen Staatsdiener aus Orts-und Gartenbauamt. Aber sie wollten partout nicht. Also mußte er es ohne ihre Genehmigung machen. Und gestern stand er deswegen vor dem Bremer Amtsgericht.

Gerhard Johann Friedrich B. (60) ist ein ordentlicher Bürger. Der Jungeselle wohnt in einem kleinen Eigenheim in den „Reichsheimstätten“ in Rablinghausen. Die stämmige Figur in tadellosem Trachten-Look ist ehrlich empört, vor Aufregung schießt ihm das Blut ins Gesicht: Diese Verhandlung hat er nicht verdient.

Direkt vor seinem Grundstück stand bis zum 2. April diesen Jahres eine kleine Eiche, sieben Meter hoch, Stammumfang 35 Zentimeter. Die ist jetzt weg. „Das sah auch gar nicht aus, Herr Richter“, versucht Gerhard Johann Friedrich B. das Gericht wenigsten von der moralischen Rechtmäßigkeit seines Tuns zu überzeugen. Hatte er nicht vergeblich versucht, Orts- und Gartenbauamt für eine „Umpflanzung“ des indizierten Baumes zu gewinnen. Die Ämter sträubten sich, wollten den Baum nicht gleich wieder ausreißen, den sie gerade gepflanzt hatten. Und jetzt macht die Staatsanwaltschaft ihn verantwortlich, nur weil er den Baum ohne die Genehmigung der Behörden gefällt hat. Wer soll das verstehen?

Gerhard Johann Friedrich packt vor Amtsrichter Ulrich Hofmann gleich einen ganzen Sack von Argumenten aus, die seinen Hals retten sollen: Schon sein Vater habe 30 Jahre lang in der Angst gelebt, ein vom Sturm entwurzelter Baum könne das traute Heim verwüsten. Dann habe der Baum „direkt neben“ dem Abwasserkanal gelegen. „Wenn ich da noch gewartet hätte, da wär vielleicht ein Schaden entstanden“, erklärt Gerhard Johann Friedrich, der Retter des Abwasserkanals, und wie lohnt man es ihm?

Einen Strafbefehl hat er bekommen, 15 Tagessätze zu 30 Mark, dagegen hat er Widerspruch erhoben. Das Gericht zeigt sich weiter uneinsichtig: Nicht einmal die Tatsache, daß er mittlerweile einen Melos-Zierapfel und einen Rotdorn gesetzt hat (zum Ausgleich, und das sieht auch viel besser aus), nicht nur, daß der Kanal jetzt unbeschädigt bleibt. Nicht nur, daß er den öffentlichen Weg vor seinem Haus selbst gepflastert hat: Da fragt ihn der Richter doch tatsächlich, ob denn vorsichtiges Beschneiden von Ästen nicht ausgereicht hätte: „Aber Herr Richter, dafür wär' ich doch auch vor Gericht gekommen.“ Also dann lieber gleich ganz abhacken. Fragen können die, also ehrlich...

Staatsanwalt und Richter hatten noch mehr davon auf Lager: Ob es denn sein Grundstück war, auf dem der Baum stand? Ob es denn sein Abwasserkanal gewesen sei, der da der Wurzel im Weg gelegen haben soll? Wie teuer schließlich die Ersatzbäume gewesen sind? „250 Mark, ganz billig“, erklärt Gerhard Johann Friedrich erleichtert, endlich kommt man auf seine Wohltaten zu sprechen. Die gefällte Eiche hatte übrigens einen Wert von 2.000 Mark.

Gerhard Johann Friedrich zeigt Reue, ansatzweise: Ich möchte nicht, daß ich das noch einmal machen müßte.“ Was das heißt, bleibt unklar. Klar wird: Zehn Tagessätze zu 70 Mark, Buße, keine Strafe, und damit keine Vorstrafe. mad