Kolping selig

Berlin (taz) — Was kommt nach Marx? — Kolping! Der Heilige Vater in Rom hat die Frage am Sonntag bei der Seligsprechung des Kölner Schustergesellen und späteren Priesters Adolf Kolping (1813 — 1865) eindeutig beantwortet. „Zum gescheiterten Weg des Marxismus gibt es in sozialen Fragen nur Kolpings Alternative“, sagte der Papst zu dem neuen Arbeiterheld der Kirche.

Beinahe sechs Jahrzehnte lang mußte die vor allem im Kölner Raum verbreitete „Kolping-Familie“ auf die Anerkennung aus Rom warten. Ganze Wagenladungen voller Unterlagen wurden seit der Antragstellung auf die Seligsprechung im Jahr 1934 gesichtet. Am Ende kam eine 600 Seiten starke Expertise heraus. Ziel der aufwendigen Recherche war die Wundersuche. Denn als Sozialreformer allein hätte Kolping nicht seliggesprochen werden können. Am Ende fanden sich Ärzte, die bestätigten, daß der Mann wundertätig war. Kolpings Fürbitte, so das medizinische Gutachten, habe in mindestens zwei Fällen dazu geführt, daß Todkranke genesten. Unter anderem wurde dank seiner Gebete ein unheilbar kranker 13monatiger Junge geheilt.

Rom glaubte den Ärzten gerne. Hatte der polnische Papst doch schon 1981 bei einem Besuch an Kolpings Grab in der Kölner Menoritenkirche seine Absicht deutlich gemacht: „Solche Leitbilder brauchen wir für die Kirche von heute.“ Der jetzt Seliggesprochene hatte sich zuerst als Schuster und später als Priester für die Sache der Handwerker engagiert. Er wollte ihnen eine religiöse und sittliche Heimat geben. Seine Botschaft: Nicht die gesellschaftlichen Strukturen, sondern die Menschen müssen sich ändern — dann gibt es soziale Gerechtigkeit. Schon zu seinen Lebzeiten gründete er die Gesellenvereine, die heute weltweit rund 400.000 Mitglieder zählen.

Rund 50.000 Kolping-Fans waren zu dem Spektakel nach Rom gereist. Am Ende zelebrierten hochrangige Kirchenvertreter aus Köln den alten katholischen Brauch des Knochentausches: Sie überreichten dem Papst einen Reliquienschrein mit den Resten eines Fingers von Kolping.

Künftig können Handwerker in aller Welt den Seliggesprochenen in ihre Gebete und Meßfeiern einbauen. Wenn es mal ganz hart kommt, dürfen sie ihn auch anrufen. Ob das zum Beispiel auch gegen Arbeitslosigkeit hilft: hat der Papst nicht gesagt. dora