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Gefeilsche um de Cuellars Nachfolge

Westliche Staaten wollen Afrikaner als UNO-Generalsekretär verhindern/ Aussichtsreichster Kandidat ist Saddrudin Aga Khan  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Sicher scheint derzeit nur eines: Auch der Nachfolger von UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar zum 1. Januar 1992 wird wieder ein Mann. Für den höchsten UNO-Posten bewirbt mensch sich nicht selber, sondern wird nominiert — von Staaten oder Staatengruppen. Und unter den bis gestern 15 Personen, aus denen der UNO-Sicherheitsrat nach bisherigen Planungen bis Ende dieser Woche seinen Vorschlag an die Generalversammlung auswählen will, ist die norwegische Ministerpräsidentin Go Harlem Brundland die einzige Frau.

Zehn der fünfzehn Kandidatennamen werden bereits seit Ende letzten Jahres auf den UNO-Korridoren in Genf und New York gehandelt. Acht von ihnen sind Afrikaner. Unterstützt vom ständigen Sicherheitsratmitglied China betreiben die Regierungen der fünfzig afrikanischen Staaten eine intensive Kampagne für einen Generalsekretär aus ihren Reihen. Laut — ungeschriebenem — Rotationsprinzip wäre Afrika jetzt endlich einmal an der Reihe, nachdem der höchste UNO-Posten schon dreimal mit einem Europäer und je einmal mit einem Asiaten und einem Lateinamerikaner besetzt wurde. Sähe das Verfahren zur Bestellung des Generalsekretärs nicht die Vorauswahl durch den Sicherheitsrat, sondern eine offene Abstimmung der Generalversammlung, erhielte ein Afrikaner die klare Mehrheit.

Auf einen gemeinsamen Kandidaten hatte sich die Organisation Afrikanischer Staaten (OAU) zwar wieder nicht einigen können. Doch gibt es unter den acht Afrikanern zwei Favoriten: den Finanzminister Simbabwes, Bernhard Chidzero, und den stellvertretenden ägyptischen Ministerpräsidenten Boutros Ghali. Bei einer ersten Probeabstimmung des Sicherheitsrates erhielten sie letzte Woche mit jeweils neun Stimmen die meisten Voten. Das wäre eine ausreichende Mehrheit — solange sich unter den Gegenstimmen keines der fünf ständigen Mitglieder befindet. Doch während Frankreich für den Ägypter Ghali votierte, stimmten die Vereinigten Staaten und Großbritannien bei sämtlichen afrikanischen Kandidaten mit Nein. Die Regierungen in Washington und London — unterstützt von einigen weiteren westlichen Staaten — sind entschlossen, einen Generalsekretär aus der Dritten Welt zu verhindern. Dieser würde die Instrumentalisierung der UNO — wie geschehen in der Golfkrise — künftig erschweren. Vor der zweiten Probeabstimmung brachten westliche Delegationen im Sicherheitsrat daher Ende letzter Woche vier völlig neue Namen ins Spiel: den kanadischen Premierminister Brian Mulroney, der als Washingtons Favorit gilt; die Außenminister der Niederlande und Norwegens, Hans Van den Broek und Thorvald Stoltenberg, sowie den philippinischen Außenminister Raul Manglapus.

Die westlichen Staaten wissen natürlich, daß keiner der vier Namen durchsetzbar ist. Bei einer zweiten Probeabstimmung erhielten denn auch erneut Chidzero und Ghali die meisten Stimmen, gefolgt von drei weiteren Afrikanern. Doch die Nominierung der vier neuen Kandidaten zielt auf Stimmensplittung unter den Staaten der Dritten Welt ab und soll diese zu einem Kompromiß zwingen. Die geplante Einigung bis Ende dieser Woche ist nun äußerst unwahrscheinlich. Nach weiteren langwierigen Verhandlungen dürfte der Sicherheitsrat schließlich bei demselben Verfahren landen wie schon vor zehn Jahren bei der Wahl Perez de Cuellars. Für den Durchbruch nach wochenlangem ergebnislosem Abstimmungsmarathon hatten im Herbst 1981 nach Darstellung eines seinerzeit teilnehmenden Botschafters gegenüber der taz schließlich die afrikanischen Staaten gesorgt. Auf ihren Vorschlag hin schrieb jeder der fünfzehn Botschafter auf einem Zettel anonym einen ungewollten Kandidaten auf. Der Name mit den meisten Ablehnungen wurde aussortiert. Das Verfahren wurde damals so lange wiederholt, bis schließlich Perez de Cuellar übrigblieb. Heute hätte unter den westlichen Kandidaten bei einer solchen Negativauslese die in Nord-Süd- und Umweltfragen engagierte Sozialdemokratin Gro Harlem Brundtland sicher die größte Chance— käme sie nicht aus Europa.

Bleibt es beim bisherigen Kandidatenfeld, dürfte der künftige UNO- Generalsekretär mit größter Wahrscheinlichkeit Prinz Saddrudin Aga Khan heißen. Als UNO-Flüchtlingshochkommissar in den siebziger Jahren kennt er den Apparat. Der Sproß einer äußerst wohlhabenden Familie ist finanziell so unabhängig, daß er den Flüchtlingsposten seinerzeit für das symbolische Jahresgehalt von einem US-Dollar verrichtete. Aga Khan hat einen iranischen Paß und zugleich beste Beziehungen zu westlichen Regierungen. Mit US-Präsident George Bush ist er seit über 25 Jahren gut bekannt. Seine private Genfer Umweltstiftung zur Rettung der Alpen sowie publizitätsträchtige Rollen als de Cuellars Sonderbeauftragter zunächst für Afghanistan und derzeit für das humanitäre Hilfsprogramm der UNO in der Golfregion nutzte Aga Khan in den letzten drei Jahren intensiv zur Profilierung für den Generalsekretärsposten.

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