Vertrag ohne Garantie

■ Oberlandesgericht vertagt Entscheidung über Hafenstraße/ Verteidigung beantragt Vernehmung von Klaus von Dohnanyi

Hamburg (taz) — Nach nur 20 Minuten mündlicher Verhandlung ist gestern der Berufungsprozeß vor dem hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) um die Räumung der Häuser in der Hafenstraße in St. Pauli vertagt worden. In der kurzen Erörterung interessierte das Gericht vor allem, wie die Vertragsklauseln über die Gewaltunterbindung im Pachtvertrag zu werten seien. Der Vertrag war 1987 nach den Barrikadentagen geschlossen worden. Hafenstraßen-Anwalt Rainer Blohm führte aus, daß es damals bei den Verhandlungen zwischen Bewohnern und Senat Konsens gewesen sei, daß der „Verein Hafenstraße“ (Pächter) lediglich eine „Hinwirkungspflicht“ zur Unterbindung von Gewalttätigkeiten aus den Häusern habe. Dem sei der Verein auch nachgekommen. Eine „Garantieerklärung“ habe es niemals gegeben.

Nach Angaben Blohms sind die Vertreter des Senats sogar explizit davon ausgegangen, daß die Befriedung der Häuser ein langer Weg sei, auf dem es auch vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen könnte, nicht zuletzt, weil diese provoziert würden. Um dies zu belegen, beantragte Blohm, den Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Ex-Justizsenator Wolfgang Curilla zu vernehmen, die die Vertragsverhandlungen geführt hatten. Der Chef der Verwalterin „Hafenrand GmbH“, Wolfgang Dirksen, erklärte, daß es nicht darauf ankomme, was damals verhandelt, sondern was letztendlich im Vertrag festgelegt worden sei. Danach habe der Verein Gewälttätigkeiten zu unterbinden gehabt, habe „jedoch in dieser Rolle versagt“.

Am kommenden Montag will das OLG in einem Beschluß nun das weitere Procedere bekanntgeben. Drei Alternativen sind möglich: Es wird ein Beweisbeschluß zwecks Vernehmung von Dohnanyi und Curilla verkündet; die Berufung der Bewohner wird abgewiesen und die Vertragskündigung bestätigt; oder der Rechtsstreit wird zur abermaligen Überprüfung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Kai von Appen