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INTERVIEWHoffnungsschimmer Demirel

■ Orhan Dogan, der wie andere kurdische Oppositionelle für die „Sozialdemokratische Volkspartei“ ins türkische Parlament einzog, über die staatliche Gewalt gegen Kurden

taz: Herr Dogan, liegen Ihnen Informationen darüber vor, ob zivile Siedlungen vom türkischen Militär bombardiert wurden?

Orhan Dogan: Man muß sich vor Augen führen, daß hier ein Guerillakampf geführt wird. Bei einem Guerillakrieg gibt es keine statischen Angriffsziele. Es herrscht stets Mobilität. Es ist offenkundig, daß bei einer solchen Militäroperation kurdische Zivilisten zu Opfern gemacht werden.

Welche Wirkung haben solche grenzüberschreitenden Operationen? Wie beeinflussen die Militäroperationen im Nordirak die angespannte Lage in den kurdischen Provinzen der Türkei?

Es ist überhaupt nicht möglich, die kurdische Frage in der Türkei mit solchen Militäroperationen zu lösen. Der Staatsterror, dem das kurdische Volk ausgesetzt war, hat doch zu der heutigen Sackgasse geführt. Es gibt nur eine Lösung der kurdischen Frage, und die heißt: demokratische Verhältnisse mit all ihren Institutionen und Regeln in dem Gebiet ins Leben zu rufen. Ein Frieden im Nahen Osten beruht an erster Stelle auf einer demokratischen Lösung der Kurdenfrage. Wir verurteilen die heute angewandte militärische Gewalt. Das türkische Volk kann nicht in Freiheit leben, wenn nicht das kurdische Volk in Freiheit lebt. Wir wollen keine Feindschaft zwischen den Völkern. Doch das System, der Staat versucht sich in einer gewaltsamen Lösung der Kurdenfrage. Seit siebzig Jahren gehört die Gewalt zum festen Bestandteil der Kurdenpolitik des türkischen Staates.

Wie könnte eine politische Lösung des Kurdenproblems aussehen?

Die Unterdrückung der kurdischen Identität in der Türkei muß aufhören. Der Ausnahmezustand in dem Gebiet muß beendet werden. Das kurdische Volk muß sich frei organisieren können. Wir fordern Abschaffung des „Anti-Terror-Gesetzes“, eine Generalamnestie. Folter auf den Polizeiwachen gehören hier zum Alltag. Wir fordern, daß Abgeordnete Zugang zu den Polizeiwachen erhalten, um Folter zu verhindern. Dem kurdischen Volk müssen endlich seine kulturellen Freiheiten garantiert werden.

Nach den Wahlen steht die Bildung einer neuen Regierung an. Süleyman Demirel wird höchstwahrscheinlich eine Koalitionsregierung anführen. Sehen Sie Anzeichen für eine Änderung in dem harten Kurs der türkischen Regierung?

Ich glaube, die jüngsten Stellungnahmen von Süleyman Demirel sind schon ein Hoffnungsschimmer, auch wenn er die grenzüberschreitende Operation unterstützt hat. Er hat davon geredet, daß der Staat in den kurdischen Regionen Güte zeigen müsse. Ich glaube, daß insbesondere eine Regierung, in der die „Sozialdemokratische Volkspartei“ Koalitionspartner sein wird, kein Kriegskabinett gegen die Kurden bilden wird. Demirel hat, wenn auch nur vage, einen Kurswechsel in der Kurdenpolitik angedeutet. Die Zeit für eine politische Lösung ist überreif. In den zwanziger und dreißiger Jahren hat der Staat Massaker gegen die Kurden inszeniert. Auch sie haben nichts genützt, sie lösten die Probleme ebensowenig wie die militärische Gewalt heute. Interview: Ömer Erzeren

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