BND schmuggelt Panzer nach Israel

■ Am Samstag vereitelte die Hamburger Wasserschutzpolizei die klammheimliche Verschiffung von vierzehn sowjetischen Kampfpanzern nach Israel

Hamburg (taz) — Am Samstag nachmittag machte die Hamburger Wasserschutzpolizei im Freihafen einen großen Fang: 14 gepanzerte Kettenfahrzeuge auf großen Tieflader-Schlitten, sogenannten Flats, wurden beschlagnahmt. Gestern teilte die Staatsanwaltschaft in Hamburg mit, sie ermittle gegen Unbekannt wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die unter orangenen Europlanen versteckten Tanks sowjetischer Bauart waren als „landwirtschaftliche Maschinen“ deklariert worden und sollten auf den israelischen Frachter „Palmah II“ verladen werden. Als bereits die Hälfte des Kriegsmaterials an Bord war, stoppten die Beamten die Verschiffung. Bei einer Routinekontrolle war ihnen aufgefallen, daß der Inhalt der Container nicht mit den Frachtpapieren übereinstimmte.

Nach Entladung wurde das Schiff freigegeben — die Panzer standen gestern immer noch im Hamburger Freihafen vor dem Schuppen 48.

Zu der beanstandeten Ladung gehören auch zwei Container mit bisher noch unbekanntem Inhalt. Möglicherweise enthalten sie Kanonenrohre, weitere Waffen oder Munition. Die Hamburger Staatsanwaltschaft will sie durch einen Spezialisten öffnen und inspizieren lassen. Sowohl die genauen Panzertypen als auch deren mögliche Bewaffnung waren bei Redaktionsschluß noch nicht bekannt. Geschützrohre sind unter den Planen zumindest nicht zu erkennen. Ob die Kanonen vorher demontiert und zerstört, oder ob sie mit einer anderen Schiffsladung nach Israel unterwegs sind, war gestern ebenfalls noch unklar. Möglicherweise liegen sie zur besseren Tarnung der heißen Ladung auch in den beiden ebenfalls beschlagnahmten Containern.

Mitten in die Hamburger Spekulation um einen geheimen Waffendeal platzte dann die Nachricht aus Bonn: Die im Hamburger Hafen sichergestellten Panzer sind BND-Ware für Israel. Sie stammten aus Beständen der früheren Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und sollten auf Wunsch des israelischen Geheimdienstes Mossad tatsächlich nach Israel gebracht werden. Das sagte der stellvertretende Regierungssprecher Norbert Schäfer gestern auf einer Pressekonferenz. Die Fahrzeuge seien dem Bundesnachrichtendienst (BND) vom Bundesverteidigungsministerium zur Verfügung gestellt worden. Der bundesdeutsche Geheimdienst wiederum sollte, so Schäfer, das Kriegsgerät nach Israel transportieren. Dort sollten sie von den Israelis „wehrtechnisch getestet“ werden. Schäfer gestand, daß die Deklarierung als „landwirtschaftliche Geräte“ unglücklich gewesen sei. Es sei aber unter befreundeten Nachrichtendiensten durchaus üblich, daß man zur „wehrtechnischen Auswertung“ solches Material austausche, erläuterte Schäfer: „So etwas hängt man nicht gern — das ist branchenüblich — an die große Glocke.“ Nach Angaben von Schäfer war der Vorgang auch weder dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Konrad Porzner, noch dem Koordinator für die Geheimdienste im Kanzleramt, Lutz Stavenhagen (CDU), bekannt.

BND-Präsident Porzner habe eine Untersuchung angeordnet, in der geprüft werden soll, ob alle rechtlichen Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt worden seien, sagte Schäfer. Er äußerte die Vermutung, der BND werde „dem Staatsanwalt zur Verfügung stehen müssen“. Alles wäre „wahrscheinlich weniger mystisch gewesen, wenn man es so deklariert hätte, wie es nun einmal ist“.

Hinter den „wehrtechnischen Tests“ kann sich alles mögliche verbergen, selbst ein ganz normaler Fronteinsatz. Sicher ist auch, daß der BND das wohl kaum vor Ort überprüfen wollte. Selbst wenn die Kanonen der Panzer abgerüstet sein sollten und die Geschichte mit den „wehrtechnischen Tests“ stimmt, wären sie für die Israelis interessante Objekte. Mit Beschußversuchen, wie sie auch die Bundeswehr durchführt, könnten sie feststellen, inwieweit die Modelle den israelischen Panzerabwehrwaffen standhalten. Denn sowjetische Tanks stehen ihren Soldaten im ganzen Nahen Osten gegenüber. Aber auch eine Wiederbewaffnung oder ein Weiterverkauf an Drittländer wäre denkbar. Peter Hermes