Jazz Workshop on the road

■ Die „Reynolds Workshop Band“ von Uli Beckerhoff spielte im Modernes

Es hätte auch leicht schiefgehen können! Wenn hochkarätige Jazzmusiker sich zu einer „All- Star-Band“ zusammentun, ist das Ergebnis nur selten mehr als die Summe der einzelnen Talente, oft sogar viel weniger: Die Egos reiben sich aneinander auf, oder das Proporzdenken (jeder in jedem Stück ein Solo) läßt die Musik zäh dahinfließen. Aber das Konzert war eine angenehme Überraschung: eine routiniert gelassene Grundstimmung strahlte von der Bühne herunter; man merkte, daß die Musiker sich seit Jahren gut kannten, schon in den verschiedensten Formationen miteinandeer gespielt hatten und hier zeigen wollten, wie groß ihre Palette ist. Von modernem Hardbop über Jazzrock bis zu melancholisch schwebenden Balladen reichte die Bandbreite. Für jeden Musiker war genug Freiraum zu durchgängig makellosen Soli, aber keiner spielte sich in den Vordergrund.

Saxophonist Wolfgang Engstfeld, Posaunist Bart van Lier, Pianist Michel Herr, Bassist Arild Anderson, Schlagzeuger John Marschall, Gitarrist John Abercrombie und der Bremer Trompeter und Bandleader Beckerhoff spielten in verschiedensten Kombinationen, mal als Duo, Quartett oder in voller Besetzung, mal mit reinem akustischem Sound und mal mit allen elektronischen Effekten, so daß Anderson mit einem Bogenstrich wie ein Streichorchester klingen konnte und Beckerhoffs Trompetensounds auch eine Oktave höher oder niedriger zu hören waren.

Norma Winstone sang eigene Texte zu Kompositionen von Steve Swallow und Ralph Towner, Michel Herr stellte mit dem lateinamerikanisch angehauchten „Third Chance“ einen der schönsten Songs des Abends vor, und John Marschall spielte natürlich ein furioses Drumsolo gegen Ende des Konzertes. Uli Beckerhoff macht sich rar in der Bremer Jazzszene, aber wenn er auftaucht, ist es immer interessant. Seine Ansage: „Es ist schön, hier mal wieder zu schlafen“, war also kaum unironisch gemeint: Beckerhoff wohnt gerade 250m vom Modernes entfernt. Willy Taub