Keine Preisgrenze mehr bei neuen Mieten

■ Bundesregierung nahm Antrag von Bauministerin Schwaetzer an/ Berliner CDU will sich in Bonn dafür einsetzen, die Zehnprozentklausel zu erhalten

Berlin. Böse Nachrichten für Berlins MieterInnen. Die Westberliner Sonderregelung für Neuvermietungen, nach der die Miete bei Mieterwechsel »nur« um zehn Prozent steigen darf, wird nicht verlängert. Dies beschloß gestern die Bundesregierung auf Antrag der Bauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP). Das heißt, bei Wohnungen, die neu vermietet werden, explodieren ab dem 1. Januar ganz legal die Mieten. In Berlin, so Schwaetzer, seien die Altbaumieten mit 6 bis 8,50 Mark pro Quadratmeter preiswerter als in anderen Großstädten, und über die Wuchergrenze dürften die Mieten ohnehin nicht steigen. Zudem seien die Berliner Neubaumieten mit 17 Mark pro Quadratmeter relativ teuer, diese »Marktspaltung« wolle man nicht vertiefen.

Zur Vorgeschichte: In Berlin wurde 1987 nach der Abschaffung der Mietpreisbindung mit den Stimmen der CDU und FDP die Regelung eingeführt, daß die Miete bei Neuvermietung nur um zehn Prozent über der des Vormieters liegen darf. Diese Klausel gilt ausdrücklich nur übergangsweise bis zum 1. Januar 1992. Unter dem Druck der steigenden Mieten und des murrenden Wahlvolkes beantragten SPD, CDU und AL noch zu rot-grünen Zeiten, diese Regel um drei Jahre zu verlängern. Der Antrag wurde von der jetzigen Senatskoalition übernommen und vom Bundesrat einstimmig bestätigt, bis ihn das Kabinett ablehnte.

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), Initiator des Antrags, zeigte sich tief enttäuscht. Das letzte Wort sei jedoch noch nicht gesprochen, denn der Bundestag könne noch anders beschließen. »Jetzt muß sich der Regierende Bürgermeister Diepgen auf der Parteischiene darum kümmern«, sagte Nagel zur taz. Die SPD im Bundestag habe man bereits überzeugt. Der Kabinettsbeschluß sei offenbar auf Druck der FDP zustande gekommen. »Die Bonner tun sich damit selber keinen Gefallen, wenn sie hierher kommen«, sagte Nagel. Es sei sicher ein Fehler gewesen, daß die Berliner CDU/FDP-Regierung vor vier Jahren die Mietpreisbindung abgeschafft habe, bestätigte Nagel. Aber das sei nicht mehr zu ändern. Auch der baupolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Kliem, will seinerseits Druck auf die CDU-Bundestagsfraktion machen. »Wir kämpfen mit allen legalen Mitteln dafür, daß die Sonderregelung verlängert wird«, sagte er. Die Fraktionsvorsitzende der Al, Renate Künast, erklärte, daß Diepgen und seine Koalition offenbar in Bonn keinen Rückhalt haben.

Der Berliner Mieterverein hält es für »zynisch«, wenn man jetzt auch im Altbau ebenso hohe Miete wie im Neubau zahlen soll. Der Wucherparagraph biete keinen ausreichenden Schutz, denn da läge die Beweislast beim Mieter. Da sich der Mietspiegel aus den Mieten von Neuabschlüssen zusammensetzt, stiegen mittelfristig die Mieten sämtlicher 400.000 Altbauwohnungen. Die MieterGemeinschaft wies darauf hin, daß sich nun vor allem die schlechten, kleinen Wohnungen drastisch verteuern würden, da dort die Mieter häufig wechselten. esch