Schlechte Simmung vor dem FDP-Parteitag

Bonn (taz) — „Ach hätten wir den Parteitag doch schon hinter uns.“ Kein geringerer als Otto Graf Lambsdorff war es, der vor einigen Tagen vor Bonner JournalistInnen die Stimmung während der letzten Präsidiumssitzung vor dem heute beginnenden FDP-Parteitag in Suhl mit diesen Worten kolportierte. Und da der Vorsitzende der Liberalen dies ohne Widerspruch, gar Kritik aus seiner Partei erzählte, ist anzunehmen, daß auch er den drei Tagen im Thüringischen nicht eben freudig entgegenblickt.

Nicht daß in Suhl viel, Überraschendes oder gar Brisantes geschehen wird. Das Ächzen des Marktgrafen gehört wohl eher zu einer Schau, die er neben anderen Führungsmitgliedern der Liberalen seit einiger Zeit inszeniert: schlechte Stimmung in der Regierungskoalition oder — in den Worten Lambsdorffs — „Verschleißprozeß“.

Um sich selbst braucht Lambsdorff freilich nicht zu fürchten. Daß er in Suhl erneut gewählt wird, ist sicher, „völlig klar“, wie FDP-Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen schon vor Wochen bekanntgab. Völlig klar, weil in den Spitzengremien der Partei auch ausgemacht ist, daß er nur noch bis 1993 an der Spitze der Partei bleibt. Dann soll der längst angekündigte Generationenwechsel eingeleitet werden. Wer diesen repräsentieren wird, wird der Parteitag in Suhl ganz bestimmt noch nicht erweisen.

Bauministerin Irmgard Schwaetzer will Lambsdorff nachfolgen, Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann will es, und neuerdings werden auch Justizminister und Parteineuling Klaus Kinkel entsprechende Ambitionen nachgesagt — und gute Chancen ausgerechnet. Während dieses Parteitags werden sie allenfalls etwas heftiger als auf Bonner Parkett in den Hufen scharren. Und Irmgard Schwaetzer wird an der Anzahl der Stimmen, mit der die Delegierten sie erneut zur stellvertretenden Parteivorsitzenden wählen, absehen, wie beliebt sie ist.

Was überdies längst feststeht und die Liberalen in Suhl nur noch pro forma abwickeln: der 42jährige FDP-Abgeordnete Uwe Lühr aus Halle folgt Cornelia Schmalz-Jacobsen als Generalsekretär. Er soll, so meint er selbst, die Liberalen West und Ost „noch stärker als bisher“ zusammenbringen.

Mancher Freidemokrat-West sieht Lührs Funktion freilich ganz anders: Er sei, so heißt es in FDP- Kreisen, ein weiterer Erfüllungsgehilfe Lambsdorffs, mit dem dieser die ostdeutschen Parteifreunde stärker an die übermächtige Bonner Parteizentrale binden wolle. Und dies scheint einigen vonnöten. Zwischen FDP-West und FDP-Ost mag es friedlicher zugehen als bei den Christdemokraten. Gräben zwischen den ehemaligen Mitgliedern der liberalen Blockparteien und den bundesdeutschen Freidemokraten haben sich aber seit der Parteienvereinigung im letzten Herbst auch aufgetan.

Ein mäßig spannendes Gerangel erwarten Beobachter um die Plätze an der Spitze der Drei-Punkte-Partei. Die Stühle von Wolfgang Gerhardt, dem hessischen Parteivorsitzenden, und Bruno Menzel, dem Gründer der Ost-FDP, wackeln. Gegen sie kandidieren voraussichtlich die Berliner Parteivorsitzende Carola von Braun, der Thüringer Andreas Kniepert und der Rheinland- Pfälzer Wolfgang Brüderle. „In diesem Punkt“, auch dies hat Cornelia Schmalz-Jacobsen schon vor Wochen angekündigt, „kann man noch nicht alles vorhersagen.“ Ferdos Forudastan