GASTKOMMENTAR
: Der Traum von der deutschen CIA

■ Der BND ist ein Nachrichtendienst, und kein Geheimdienst

Dieselben Politiker, die sonst auf die strikte Einhaltung der Legalität pochen und jedes Abweichen der Polizei vom Legalitätsprinzip strafrechtlich ahnden wollen, lassen das BND- Gesetz Gesetz sein, an dem die Praxis des BND nicht zu messen ist. Stattdessen wird eine in der Phase der Halblegalität des BND entwickelte Praxis als Maßstab gesetzt. Es gilt also die „normative Kraft des Faktischen“ und nicht das Gesetz über den BND, das erst vor knapp einem Jahr in Kraft getreten ist.

Dieses BND-Gesetz begrenzt die Aufgaben des BND auf Nachrichtengewinnung. Er darf Erkenntisse über das Ausland sammeln, die von außer- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik sind. Klar sind auch die Befugnisse des BND gegenüber ausländischen Geheimdiensten geregelt. Der BND darf nur Informationen übermitteln nach Maßgabe des Verfassungsschutzgesetzes.

Er ist somit ein Nachrichtendienst und kein Geheimdienst wie die CIA. Also darf er keine Revolutionen anzetteln; er darf nicht morden, um dadurch an Informationen zu gelangen, er darf nicht Kriegsgerät liefern, um als Gegenpreis die Ware „Erkenntnisse“ zu erhalten. Wer etwas anderes will, muß das BND-Gesetz ändern, sonst macht man mit derselben Logik morgen aus der Befugnis, „personenbezogene Daten“ an andere Geheimdienste zu übermitteln, das Recht, die Personen selbst zu überstellen. Auch aus der „VS-vertraulichen“ Rahmenvereinbarung zwischen dem Chef des Bundeskanzleramts und dem Bundesverteidigungsminister vom 11.September 1971 (über die nicht einmal die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet worden ist) kann man keine Befugnis des BND zum Waffenhandel herauslesen. Geregelt ist die Unterstützung des BND durch die Bundeswehr, „insbesondere durch Transporte, Gestellung von Geräten und Liegenschaften“.

Durch Formeln wie „wehrtechnische Zusammenarbeit“ wird weiter beschwichtigt und verschleiert. Damit soll alles so bleiben wie es ist. Nur die Deklarierung von Waffen als landwirtschaftliches Gerät soll es nicht mehr geben. Wer zu all dem ja sagt, verändert jedoch Aufgaben und Befugnisse des Nachrichtendienstes. Er schafft die Voraussetzung dafür, daß aus einem Nachrichtendienst ein geheimes Kommando-Unternehmen wird. Während die Amerikaner gerade beginnen, die Befugnisse ihres Geheimdienstes CIA einzuengen, wird aus dem BND unmerklich ein Geheimdienst à la CIA. Jürgen Seifert

Der Autor ist Professor für Staatsrecht an der Universität Hannover