Milosevic weckt Hoffnungen auf Frieden

■ Der serbische Präsident signalisierte erstmals Bereitschaft, auf EG-Friedenspläne einzugehen/ Gestern beriet serbisches Rumpfpräsidium/ Offenbar Zugeständnisse an serbische Seite

Belgrad (dpa/taz) — Der serbische Block im jugoslawischen Staatspräsidium ist gestern in Belgrad zusammengekommen, um über die Vorschläge der Europäischen Gemeinschaft (EG) für die Zukunft des Vielvölkerstaates zu beraten. Es wird erwartet, daß nach der politischen Wende Serbiens einige verbliebene Unklarheiten beseitigt werden.

Völlig überraschend hatte Serbiens Präsident Slobodan Milosevic am Donnerstag seine bislang kompromißlose Ablehnung der EG- Pläne aufgegeben, denenzufolge die serbischen Minderheiten in den Republiken Kroatien und Bosnien-Herzegowina bleiben sollen. In einer in Belgrad verbreiteten Erklärung teilte Milosevic mit, die Minderheit könne in den beiden Republiken bleiben, wenn sie zusätzlich zu der von der EG geplanten weitgehenden Autonomie auch noch die Zuständigkeit in der Gesetzgebung übertragen bekomme. Bisher hatte Milosevic gefordert, die Minderheit seines Volkes sollte sich von Kroatien und Bosnien abspalten, um sich mit der Mutterrepublik zu vereinigen. Der jüngste EG-Vorschlag enthält offenbar auch Zugeständnisse an die serbische Seite. So wird nach Berichten jugoslawischer Zeitungen nicht mehr ausdrücklich die Rückgabe der Autonomie für die zwangsweise gleichgeschalteten Albaner und Ungarn in Serbien verlangt.

Das Einlenken des serbischen Präsidenten ist offenbar unter dem Eindruck des EG-Ultimatums zustande gekommen. Die Europäische Gemeinschaft hatte unter Androhung von Wirtschaftssanktionen Serbien eine Frist bis kommenden Dienstag gesetzt, der Umwandlung Jugoslawiens in sechs souveräne Nachfolgestaaten ohne Änderung der bestehenden Republiksgrenzen zuzustimmen. Auf der anderen Seite hielt der starke Mann Serbiens aber an seinem Plan fest, alle interessierten Völker sollten sich in einem Nachfolgestaat „Rest-Jugoslawien“ zusammenschließen. Dies war gerade von der serbischen Minderheit Kroatiens und Bosniens zum politischen Traumziel erklärt worden. Unklar blieb, wie Milosevic die Minderheit jetzt von der Idee eines Zusammenlebens des ganzen serbischen Volkes in einem gemeinsamen Staat abbringen will.

Zwei Spitzenpolitiker der Serben in Kroatien haben schon ihren Widerstand gegen das überraschende Einverständnis von Milosevic angekündigt. „Die Serben werden lieber sterben, als in einem kroatischen Staat zu leben“, sagte in Belgrad Milan Babic. Babic ist „Regierungschef“ des selbsternannten „Autonomen Gebietes Krajina“ der Serben in Kroatien. Er wurde in seiner Kritik unterstützt vom „Regierungschef“ des ebenfalls auf kroatischem Gebiet liegenden „Autonomen Serbischen Gebietes Slawonien“, Goran Hadzic.

Unterdessen haben die Militärbehörden nach Berichten der Belgrader Zeitung 'Borba‘ Auslandsreisen für alle wehrfähigen Männer in Jugoslawien verboten. Begründet wurde das Verbot mit der von der Armee verkündeten Mobilisierung.

Die Frage möglicher Sanktionen gegen Serbien und die Bundesarmee beschäftigte am Donnerstag auch den Sicherheitsrat der UNO. Diskutiert wurden nach Angaben aus Diplomatenkreisen auch die Verhängung eines Ölembargos. Währenddessen hat die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) der griechischen Regierung vorgeworfen, sie schaffe der jugoslawischen Armee im Kampf gegen Kroatien durch Erdöllieferungen möglicherweise kriegsentscheidende Vorteile. Nachdem die innerjugoslawische Erdölpipeline zwischen Rijeka und Belgrad gesperrt worden ist, ist Griechenland nach den Worten des GfbV-Vorsitzenden Tilman Zülch wichtigstes Transitland für den Öl-, Diesel- und Kerosinbedarf der jugoslawischen Armee geworden.