Leben im Chaos

■ Wirtschaftsalltag der südamerikanischen Mittelschicht

Berlin (taz) — Zu Weihnachten wird in Brasilien wahrscheinlich die Hyperinflation ausbrechen — wie in jedem Jahr. In diesem Monat soll die Geldentwertung wieder auf 50 Prozent beschleunigen, nach 30 Prozent im Oktober. Mit ein bißchen Inflation haben sich die meisten BrasilianerInnen allerdings ganz gut eingerichtet. Nicht nur Unternehmer und Bankiers, auch die Konsumenten der Mittelschicht finden immer wieder neue Möglichkeiten, an der Inflation zu verdienen.

Während also in jedeR BrasilianerIn Inflationsmentalität steckt, leidet die Mittelschicht im kleinen Nachbarland Uruguay daran, daß sich ihre Perspektive kontinuierlich verschlechtert: Die Reallöhne sinken, der Mindestlohn von 130 Dollar ist — ausgerechnet in der einstigen Schweiz Amerikas — einer der niedrigsten Lateinamerikas. Der südamerikanische Binnenmarkt Mercosur, den Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay gemeinsam bis 1994 schaffen wollen, birgt für das kleine Uruguay zusätzliche Gefahren: Multinationale Konzerne werden voraussichtlich ihre Fabriken in Uruguay schließen, die sie nur wegen der Importbeschränkungen errichtet hatten, und den Markt künftig von Brasilien oder Argentinien aus mitbedienen. dri