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Bremens Grüne wollen weiter über Ampelkoalition verhandeln

Mitgliederversammlung stimmte mit Zweidrittelmehrheit für Fortsetzung der Verhandlungen mit SPD und FDP/ Die SPD ist der schwierigere Brocken  ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf

Mit 75 gegen 48 Stimmen hat die Landesmitgliederversammlung der Bremer Grünen am Donnerstag abend die Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP beschlossen. Übereinstimmend hatte zuvor die grüne Verhandlungskommission die Flexibilität der Freidemokraten gelobt. „Die größeren Schwierigkeiten, sich zu bewegen, hat eindeutig die SPD“, berichtete die langjährige grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck aus der ersten fünftägigen Verhandlungsrunde im Rathaus. Während bei den Sozialdemokraten nach zwanzig Jahren Alleinherrschaft in Bremen nur noch „Beton“ in den Köpfen sei, habe bei den Freien Demokraten „das Kaufmännische“ Vorteile gehabt, ergänzte die grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert: „Mit denen kann man Kompromisse schließen nach dem Motto: ,Das geben wir, das kriegen wir dafür‘. Und darauf kann man sich dann auch wirklich verlassen.“

Nur zwei Mitglieder der zehnköpfigen grünen Verhandlungskommission hatten gegen die Fortsetzung der Ampel-Verhandlungen gestimmt. Eine öffentliche Begründung gaben sie dafür am Donnerstag abend jedoch nicht.

Den Antrag auf Abbruch der Verhandlungen vertrat dafür Arendt Hinrichsen, ein weitgehend unbekanntes Mitglied. „Wir dürfen die Opposition nicht den Rechten überlassen“, sagte er und erntete prompt den spitzen Zwischenruf: „Aber die Regierung...“

Tatsächlich waren sich alle Mitglieder der Verhandlungskommission einig, daß es kein Zurück mehr zu der, rechnerisch ebenfalls möglichen reinen rot-grünen Koalition geben werde. „Rot-Grün ist vom Tisch“, sagte Marieluise Beck, „wenn wir jetzt aussteigen, wird es eine große Koalition geben. Und für deren Auswirkung auf das Klima dieser Stadt wären wir dann mitverantwortlich.“

Als kleinen Vorgeschmack darauf, was auf die Bevölkerung der Hansestadt zukommen könnte, erinnerte sie an die Zukunft der Bremer Pro-Familia-Beratungsstelle, die bisher — einmalig in der Bundesrepublik — von hilfesuchenden Frauen sehr anerkannte ambulante Abtreibungen vornimmt.

Nach dem Grundsatzbeschluß für die Fortsetzung der Ampel-Verhandlungen scheiterten auch alle Ergänzungsanträge, die diese Fortsetzung an die Erfüllung bestimmter Bedingungen knüpfen wollten. So wurde zum Beispiel die Rücknahme des Senatsbeschlusses verlangt, jeden Monat nur eine begrenzte Zahl von Asylanträgen in Bremen anzunehmen und alle weiteren Flüchtlinge — grundgesetzwidrig — in andere Bundesländer weiterzuschicken.

Nach dem Beschluß der grünen Mitgliederversammlung sollen die Ampel-Verhandlungen am Montag weitergehen. Nachdem in dieser Woche die gemeinsamen Vorstellungen der wichtigsten Politikbereiche festgeschrieben wurden, sollen dann die wesentlichen Streitpunkte auf den Tisch kommen: Verkehrskonzepte, Gewerbeflächen, Müll- und Schulpolitik, Frauenförderung und Soziales. Dennoch gehen die beteiligten Politiker in Bremen davon aus, daß die Verhandlungen erfolgreich zum Abschluß gebracht werden können.

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