FDP: Milde Worte für die Bonner Koalition

 ■ Aus Suhl Ferdos Forudastan

Vorerst halten sich die Freidemokraten mit weiterer Kritik am Klima in der Bonner Koalition zurück. Diesen Eindruck vermittelten Spitzenpolitiker der FDP auf dem Parteitag der Liberalen, der gestern im thüringischen Suhl begann.

In seiner Grundsatzrede, mit der er den Kongreß gestern eröffnete, fand Parteichef Otto Graf Lambsdorff freundliche Worte für das Bonner Bündnis aus CDU/CSU und FDP. „Es gibt zur jetzigen Koalition keine Alternative, wenn wir die Herausforderungen bestehen wollen, bei uns in Deutschland und in der Welt.“ Die Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzler lobte der Graf als „gut“, mit der Union sei „eine liberale Politik der sozialen Marktwirtschaft“ möglich. Und: „Mit der SPD geht das alles nicht.“ Die Sozialdemokraten hätten weder Lösungen für Zukunfts- noch für Gegenwartsfragen parat. Sie hätten „bei der Einheit versagt und aus der Geschichte noch immer zu wenig gelernt“. Ihr Programm vom letzten Jahr könne die SPD verbrennen.

Die Koalition schonte Lambsdorff, die Union freilich nicht: „Sieben Flaschen im Keller ist relativ wenig. Sieben Flaschen im Kabinett ist relativ viel.“ „Wadenbeißer“ störten die Zusammenarbeit, die „Staatsgläubigkeit“ der Union sei oft „nervtötend“. Eher pflichtschuldig wirkten seine Mäkeleien an der Haltung der Union zur Pflegeversicherung, zum Abtreibungsparagraphen 218 und an der Finanzpolitik von Minister Theo Waigel.

Programmatisch bot Lambsdorff, der für weitere zwei Jahre für das Amt des Parteivorsitzenden kandidiert, gestern in Suhl sehr wenig. So rief er etwa Arbeitgeber, Gewerkschaften und Verbände dazu auf, sich an einen Tisch zu setzen, um einen „sozialen Friedensvertrag“ mit dem Titel „Wohlstand 96“ zu verabschieden. Was die FDP sich darunter vorstellt, sagte er nicht.

Ebensowenig führte er Sätze wie diesen aus: „Wir wollen mehr Wohlstand für alle — wer mehr verteilen will, muß mehr erwirtschaften, muß dafür sorgen, daß der Kuchen größer wird.“ „Wir können garantieren, daß 1996 alle Menschen in Deutschland erheblich bessere Chancen haben, wenn wir heute nicht weiter die Wirtschaft und den Staat so extrem überbelasten.“

Und: „Wir sind und bleiben die Partei gegen die schlechte Laune in Deutschland.“ Ganz allgemein tat Lambsdorff kund: „Wir wollen verändern, auch wenn andere von der Angst vor Veränderung gelähmt sind.“

Ganz kurz ging der FDP-Vorsitzende auf zwei weitere Themen ein, mit denen die FDP in der letzten Zeit Schlagzeilen gemacht hatte. Die innerparteiliche Lage, so der Graf, sei gut. Und seinen künftigen Generalsekretär Lühr nahm er ausführlich gegen die zunehmende Kritik liberaler Politiker in Schutz: Vorwürfe, Lühr habe als Funktionär der LDPD mit dem SED-Regime zusammengearbeitet, gehörten in den „Mülleimer für widerliche Denunziationen“. Teile der Freidemokraten kündigten trotzdem an, die „unbewältigte Vergangenheit der FDP“ auf dem Parteitag in Suhl zum Thema zu machen.

Zwar kritisierte Lambsdorff, daß zu wenige Frauen in den Spitzengremien der Partei vertreten sind. Daß er und die meisten Delegierten für den Antrag einiger Freidemokratinnen stimmen werden, der die 30-Prozent-Quote fordert, ist unwahrscheinlich.