Klare Sprache

■ Israels Bomben auf Südlibanon gelten der dortigen syrischen Protektoratsmacht

Klare Sprache Israels Bomben auf Südlibanon gelten der dortigen syrischen Protektoratsmacht

Dem südlibanesischen Volk, unseren Nachbarn im Norden, schicken wir eine Botschaft der Sympathie und des Verständnisses. Sie leben unter dem Joch der syrischen Besatzung.“ Der Gruß des israelischen Ministerpräsidenten Schamir in seiner Rede am Freitag in Madrid wird den Bewohnern Südlibanons einmal mehr in den Ohren geklingelt haben. Falls sie ein einziges Wort verstehen konnten — denn gleichzeitig dröhnten Bomben und Granaten, lag ein breiter Streifen libanesischen Territoriums nördlich der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ bereits den vierten Tag lang unter schwerem Bombardement der israelischen Armee. Verzweifelte Wut sprach aus den Gesichtern der Flüchtlinge, die sich am Samstag auf den Weg gen Norden machten, nachdem sie von der israelischen Armee und deren Söldnertruppe SLA ultimativ aufgefordert worden waren, ihre Dörfer zu verlassen. Verzweiflung und Wut — Gefühle, denen die Menschen seit nunmehr 15 Jahren fast dauerhaft erliegen. Sollten sie noch etwas anderes glauben können, als daß sie nichts weiter sind als Spielball in den Händen nahöstlicher Krieger? Und dies, während anderswo über Frieden geredet wird?

Es nimmt nicht groß Wunder, daß ausgerechnet hier die extremistische Hizbollah sich fühlen kann wie der Fisch im Wasser. Die Solidarität der Südlibanesen mit Hizbollah wurde nicht ausschließlich aus dem gewiß starken schiitischen Familiensinn geboren. Um so wichtiger erscheint das Eingreifen der Amerikaner, das gestern zumindest zur Verminderung, wenn nicht zur Einstellung der Bombardements führte. Für die schiitischen Underdogs könnte die Tatsache, daß die Amerikaner mit ihrer Intervention nicht nur die Madrider Konferenz retteten, sondern auch libanesisches Leben schützten, einen Bruch im finsteren Weltbild bedeuten. Nach fünfzehn Jahren Bürgerkrieg muß die Zivilisation schließlich als differenziertes Denken in den Köpfen beginnen. Aber auch kurzfristig könnte sich eine Chance für die Politik eröffnen: durch die Entsolidarisierung von Bevölkerung und Hizbollah. Hoffentlich sind sich die Amerikaner der Möglichkeiten dieser Dynamik bewußt.

Israel indessen hat mit seinem jüngsten militärischen Einsatz noch einmal unmißverständlich klar gemacht, daß es auch für seinen Abzug aus dem Südlibanon und für die damit verbundene Einhaltung der UN-Resolution 425 einen festen Preis verlangt, nämlich die Sicherheit seiner Nordgrenze. Man gab zu verstehen, daß es in den bilateralen Gesprächen mit den Syrern nicht um die Golan-Höhen allein gehen kann, sondern daß Syrien auch als Protektoratsmacht im Libanon angesprochen ist. Nach der Eroberung der militärstrategisch sicher wertvolleren Golanhöhen durch Israel soll Syrien nun auch auf den Südlibanon als Ausgangsgebiet seiner taktischen Nadelstiche gegen Israel verzichten. Erst wenn keine Bedrohung durch Hizbollah oder palästinensische Guerillas von libanesischem Boden mehr ausgeht, scheint eine pragmatische Lösung des Konfliktes zwischen Israel und Syrien möglich, etwa durch die einfache Verteilung der Interessensbereiche im Libanon und im Golangebirge. Petra Groll