Betreuung ohne Rotlichtbestrahlung

■ Die parteinahen Stiftungen von CDU, SPD, FDP und den GRÜNEN drängen nach Brandenburg/ Die Friedrich-Ebert-Stiftung glaubt, daß mit traditionellen Bildungskonzepten nichts zu machen ist; die Christsozialen bieten »normales« Programm

Berlin/Potsdam. Eines ist ihnen allen gemeinsam: die Abneigung, in zu enge Verbindung mit »ihrer« Partei gebracht zu werden. Das könnte Vertrauen kosten, und ohne das funktioniert ihre Arbeit nicht. Sagen sie. Seit rund einem Jahr sind die Stiftungen der Bonner Parteien auch im deutschen Osten aktiv, Berlin entwickelt sich dabei immer mehr zum Zentrum der Aktivitäten. In der künftigen Regierungshauptstadt werden alte Büros vergrößert, neue eröffnet, Konrad Adenauer-Stiftung (CDU-nah) und Hanns Seidel-Stiftung (CSU- nah) denken gar an den Bau eigener Häuser.

Auch die SPD-nahe Friedrich Ebert-Stiftung (FES) hat sich bereits schön eingerichtet. Axel Schmidt- Gödelitz, gleichzeitig Chef des Berliner und des Brandenburger Büros, residiert in der Potsdamer Mangerstraße. Vormittags betreut er Berlin, nachmittags ist der Osten dran. Da bemerkt er auch die Unterschiede zwischen Arbeit Ost und Arbeit West. Mit »traditionellen Bildungskonzepten«, so seine Einschätzung, ist momentan noch nicht viel zu machen. Wer herkömmliche politische Erwachsenenbildung anbietet — eigentlich die Hauptaufgabe aller Stiftungen — kann sehr schnell in Verruf geraten. »In der DDR hieß das früher Rotlichtbestrahlung. Die Leute sind da sehr vorsichtig«, glaubt der ehemalige Mitarbeiter in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der DDR zu wissen. Also: Vertrauen gewinnen und tun, was gebraucht wird. Und was brauchen die neuen Bundesbürger? »Lebenshilfe«, sagt Schmidt-Gödelitz, und die wollen ihnen die fünf Mitarbeiter im Potsdamer Büro geben. Neben allgemeinen Themen wie Mieten und Wohnen, Rhetorik und Seminaren für Existenzgründer hat sich die Stiftung vor allem auf ein Gebiet spezialisiert: Die Komunalpolitik. Gerade auf lokaler Ebene haben die Mandatsträger noch einen großen Nachholbedarf, neben »Nachhilfe« in Planungs- und Haushaltsrecht will Schmidt- Gödelitz auch den Dialog der Politiker untereinander fördern.

Seit Februar vergangenen Jahres ist die Konrad-Adenauer-Stiftung mit drei Büros in Rostock, Berlin und Leipzig in den neuen Bundesländern aktiv. Die derzeit sieben Mitarbeiter im Bildungswerk Berlin haben sich auf eine andere Zielgruppe spezialisiert als ihre Kollegen von der FES. Grundsätzlich sind zwar alle Veranstaltungen für alle offen, aber Schüler und Lehrer, Bundeswehr und Polizei nennt Büroleiter Lutz Stroppe als seine wichtigste Klientel. Gerade in diesen Bereichen sei noch großer Bedarf an politischer Bildung und Weiterbildung gegeben. Speziell an Mitarbeiter aus Verwaltungen richtet sich das Angebot der — der Konrad Adenauer Stiftung angegliederten — Außenstelle für Kommunalwissenschaftliche Weiterbildung und Beratung. Wenngleich hier auch die Themen die gleichen sind wie im Westen (Sozialpolitik, politische Mitwirkung usw.), seien doch die Veranstaltungen mehr auf Ost-Bedürfnisse zugeschnitten. Deshalb hält er ein spezielles Programm für die neuen Bundesländer nicht für nötig, auch bei Seminaren über Umweltpolitik, Asylproblematik und Verkehrspolitik könne ostdeutschen Besonderheiten Rechnung getragen werden.

Ebenfalls kein besonderes Ost- Programm hat sein Kollege Wolfgang Prestele von der Hanns-Seidel- Stiftung. Veranstaltungen der Art »Wie fülle ich meinen Steuerbescheid aus?« seien zwar durchaus notwendig, würden aber den Rahmen politischer Bildungsarbeit sprengen. »Dafür sind andere zuständig. Wir funken keinen anderen Institutionen rein«, sagt Prestele, der aber gleichwohl ostspezifische Probleme erkennt. Politische Grundinformationen werden deshalb immer mitvermittelt, die Rechte und Pflichten des einzelnen in einer Demokratie werden dann eben auch beim Thema Agrarpolitik mit behandelt. Überhaupt sei der Wissensstand der Bürger im Osten geringer, deshalb müssten erst einmal Grundlagen geschaffen werden. Dies vor allem auch bei den wichtigsten Ansprechpartnern der Stiftung, den Behördenmitarbeitern.

Eine etwas andere Auffassung von politischer Bildungsarbeit haben die Leute von der Bildungswerkstatt Brandenburg in Potsdam. Der Verein ist Mitglied im Buntstift und kann somit als den Grünen nahestehend bezeichnet werden. Damit fangen auch schon die Probleme an. Die Grünen sind nicht im Potsdamer Landtag vertreten, das Bündnis 90 will weder von den Grünen noch von ihren Stiftungen etwas wissen und denkt im Gegenteil daran, selbst eine Stiftung zu gründen. Damit ist die Bildungswerkstatt von einer wichtigen Finanzquelle, den Landesmitteln abgeschnitten, dementsprechend gering ist ihr derzeitiger Jahresetat. Die Arbeit der seit rund einem Jahr bestehenden Gruppe geht dennoch voran. Ihr Hauptziel: die Unterstützung parteiferner Gruppen. Rüdiger Stanke vom Vorstand denkt dabei etwa an selbstverwaltete Jugendzentren, sozialpolitische Arbeitskreise, Zukunftswerkstätten und freie Theatergruppen. Allein, mehr als die Organisation von Tagungen und die Übernahme von Koordinations- und Beratungstätigkeiten kann der Verein aus Geld- und Mitarbeitermangel momentan nicht leisten. Es bleibt zunächst also beim Versuch, die verschiedenen Initiativen zusammenzuhalten, Impulse zu geben und den Austausch untereinander zu fördern. Mit herkömmlicher Bildungsarbeit hat das nicht mehr viel zu tun und soll es auch nicht. »Wir wollen die klassische Art der Veranstaltungen verlassen und die Leute ganzheitlich betreuen«, meint Stanke. Trotz Problemen mit den Fraktionen im Landtag, mit den Verwaltungen selbst gibt es kaum Schwierigkeiten. »Die Behörden«, so Stanke, »sind froh, wenn Leute kommen, die nicht nur absahnen wollen.«

Mit ihrer Abteilung für Begabtenförderung ist die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung schon seit längerem in Berlin vertreten, seit Juli 1990 sind auch die für die Bildungsarbeit zuständigen Bereiche aktiv und betreuen den gesamten Brandenburger Raum. Hauptziel ist, wie sollte es anders sein, die Verbreitung liberalen Denkens in Ostdeutschland. Direktor Dieter Priegann sieht seine Stiftung vor allem als »Forum für politische Diskussion«, das Verständnis der Menschen aus Ost und West untereinander soll gefördert werden. Dazu dienen auch wieder die klassischen Angebote der Bildungsarbeit wie Kommunalpolitik, Soziale Marktwirtschaft und Rhetoriktraining, angereichert mit Pressearbeit und Verbandsarbeit vor Ort. Einzige Ausnahme sind spezielle Angebote für angehende Mittelständler, denn, so Priegann: »Davon gibt es noch viel zuwenig.« Theo Weisenburger