EG-Mehrheit gegen gemeinsame Asylpolitik

■ Regierungen wollen souverän entscheiden/ Bonn bedauert „Rückfall hinter Luxemburger Gipfel“

Brüssel (afp) — Die Europäische Gemeinschaft soll nach dem Willen der Mehrheit ihrer Mitglieder keine eigenständigen Kompetenzen in der Asyl- und Ausländerpolitik erhalten. Die Staatsministerin im Bonner Außenministerium, Ursula Seiler-Albring, bedauerte gestern am Rande des Außenministertreffens in Brüssel, daß die Niederlande als amtierende EG-Ratspräsidentschaft hinter den Ergebnissen des EG-Gipfels von Luxemburg zurückblieben. Dies gelte auch für die geplante Zusammenarbeit der EG-Polizei- und Justizbehörden. Beim Luxemburger Gipfel im Juni hatte Kohl die Zustimmung seiner Partner erhalten, eine europäische kriminalpolizeiliche Zentralstelle (Europol) zu schaffen und auch die Ausländer- und Asylpolitik in der EG mit Mehrheitsentscheidungen zu führen.

Eine einheitliche EG-Politik soll nach der Mehrheit der Zwölf nun aber nur in der Visumpolitik und zu den Kontrollen an den Außengrenzen der Gemeinschaft geführt werden. Alle anderen Bereiche sollen außerhalb der EG-Organe zwischen den nationalen Regierungen nach dem Prinzip der Einstimmigkeit abgesprochen werden. Wie die französische Europaministerin Gigou ausführte, soll auch der von Kohl geforderte Kampf gegen Drogenkriminalität und organisiertes Verbrechen nicht Teil der EG-Politik werden. Frankreich wünsche nach ihren Worten in der Asylpolitik auch keine Mehrheitsentscheidungen der Zwölf. Außenminister Hurd sprach sich dagegen aus, daß Europol zu einem Gemeinschaftsorgan wird.

Nach Gigous Angaben waren zehn der zwölf Mitgliedsstaaten mit diesem Ansatz einverstanden. Lediglich die Deutschen wollten eine weitergehende Zusammenarbeit, während die Briten alle diese Kompetenzen bei den nationalen Regierungen belassen wollten. Die Niederlande haben angekündigt, am Wochenende einen umfassenden Vertragsentwurf für die Politische Union der EG vorzulegen. Dieser Entwurf soll die Grundlage des EG- Gipfels von Maastricht am 9. und 10. Dezember bilden.

Bei ihren Beratungen zur Politischen Union beschäftigten sich die Außenminister gestern auch mit der gemeinsamen Sozialpolitik. Vor allem die Briten sperrten sich dabei dagegen, daß derartige Fragen in der EG mit Mehrheit statt einstimmig entschieden werden. Auch die Bonner Delegation wehrte sich dagegen, in wichtigen Fragen Mehrheitsentscheidungen unterworfen zu werden, da dadurch die deutschen Standards verwässert werden könnten. Spanien und Portugal fürchten, durch Mehrheitsentscheidungen zu hohe Sozialstandards auferlegt zu bekommen.