Neues im Kino

■ Therapie zwecklos: Sönke Wortmann: "Allein unter Frauen" / Agnieska Holland: "Hitlerjunge Salomon"

Mangels anderer deutscher Kinoklasse, kürte das Publikum beim diesjährigen Filmfest in München Sönke Wortmanns Allein unter Frauen zu seinem Liebling. Diese Fernsehproduktion bringt jetzt ein Verleih ins Kino, der ansonsten eher auf amerikanische Massenware spezialisiert ist. Daher ist es kaum verwunderlich, daß die kleine, nette Komödie in viel zu große Häuser vermietet wird, und so ein eher studentisches Publikum kaum finden wird. So was nennt man wohl, »einen Bärendienst« erweisen. Allein unter Frauen befindet sich ein Gockel, für den Liebe ein Wort und Emanzipation eine Frauensache ist, und die Frauenbewegung muß rhythmisch sein. Sein Balzstündchen sieht das Stehaufmännchen gekommen, als er in eine Frauen-WG einzieht. Die Frauen jedoch haben mit dem Hahn im Korb ganz andere Pläne: Es beginnt eine witzige Therapie, bei der der Hahn Federn läßt. Allein unter Frauen hat seine komischen Qualitäten, gewisse Strickmusterähnlichkeiten mit Doris Dörries Männer sind kaum zu übersehen, ein bißchen mehr Sarkasmus und ätzender Zynismus stünde ihm ganz gut an, dennoch ist Allein unter Frauen eine amüsante Fingerübung in Sachen Geschlechterkampf.

Gelingt Sönke Wortmann die Therapie eines Mannes noch nicht ganz, so ist der Analytiker Richard Dreyfuss nach seinem Dauerclinch mit dem Patienten und Mackenmonster Bill Murray ein anderer Mensch! Was ist mit Bob von Frank Oz ist eine Seelenklempnerkomödie, die zwar dünn und oberflächlich, dafür aber streckenweise recht unterhaltsam der Frage nach dem Normalen im alltäglichen Wahnsinn nachgeht. Eine Neurose ist eine Neurose, und Richard Dreyfuss als Psychiater einfach irre!

Der Film Wehrlos tut so, als seien seine Themen: Kinderpornographie und sexueller Mißbrauch von Kindern. Allerdings benutzt er diese vermeintlich brennenden Themen nur als reißerisches Vehikel, denn Wehrlos ist ein 0-8-15-Thriller, und selbst Barbara Hershey als Anwältin und Sam Shepard als Polizist können an diesem peinlichen Desaster kaum was ändern!

Ein Skandal ganz eigener Art hingegen, ist der Umgang deutscher Kinobesitzer mit dem neuen Film von Agnieska Holland: Hitlerjunge Salomon. Nur das International spielt den Film in der 14-Uhr-Vorstellung und das Broadway in seiner Reihe »Kino für die Schulen«. In den USA war Hitlerjunge Salomon einer der größten europäischen Kinoerfolge, hierzulande wird er mehr versteckt als herausgestellt, und das zu einer Zeit, in der Deutsche wieder ihren rassistischen Höhenflug haben, Ausländer und Asylbewerber am deutschen Wesen genesen.

Agnieska Hollands Hitlerjunge Salomon ist eine absurde Tragikomödie, sie erzählt eine wahre Geschichte, wie sie wirklich nur das Leben schreibt: Salomon aus Peine ist Jude, doch ansonsten ist er abwechselnd: Jude, Rotarmist, Dolmetscher von Stalins Sohn, Arier, Hitlerjunge, deutscher Frontsoldat. Obgleich Agnieska Holland eher eine Vertreterin der traurigen Weinerlichkeit ist, und Humor ihr ein Fremdwort, konnte sie nicht umhin, diese einmalige Lebensgeschichte mit einer gewissen bitteren Komik zu inszenieren. In einer Zeit, zu der selbst Politiker, die die Demokratie mit Löffeln gefressen haben, fahrlässig über Ausländer und Asylbewerbern schwadronieren, ist ein Film wie Hitlerjunge Salomon, der den Rassenwahn und deutsche Überheblichkeiten ad absurdum führt, im Kino dringend notwendig. Deutschland und seine Vergangenheit: Therapie zwecklos. reve