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■ Abschied vom Faustrecht * Horrormethode, Die., 19.30 Uhr, ZDF

Das sogenannte „Anti-Gewalttraining“, das Dr. Jens Weidner in Hameln hierzulande erstmals durchführt, erscheint wie eine unfreiwillige Hommage an die Gehirnwäsche in Kubricks Uhrwerk Orange. Das Verfahren, das der junge Pädagoge erklärt, stammt, woher auch sonst, aus Amerika. Weidner hat das Verfahren lediglich „verfeinert“: Das kriminelle Subjekt muß auf den „heißen Stuhl“, der uns ja aus der gleichnamigen RTLplus-Sendung ein Begriff ist. Hautnah begleitet die Kamera die Prozedur. Ein systematisch demoralisierender Schwall von Fragen, sprachliche und körperliche Provokationen prasseln auf die Übeltäter ein.

Erklärtes Ziel der inquisitorischen „Behandlung“: Er soll sich wehren, mit Worten und nicht mit Gewalt. Betroffenheit und Identifikation mit seinen Opfern soll dem jugendlichen Schläger auf diese Weise beigebracht werden. Die Moral des kategorischen Imperativs, nach dem man dem anderen nichts antut, was man nicht selbst angetan bekommen möchte, wird durch Handgreiflichkeiten vermittelt. Die Gewalttätigkeit kapituliert vor der Übermacht struktureller Gewalt seitens der Gruppe, die ihn ordentlich in die Mangel nimmt. Der Erfolg scheint die Methode zu bestätigen: Keine Rückfälle bisher.

„Bist du entschärft?“ fragt der Reporter einen Entlassenen, der es geschafft hat. Eine Sprachregelung, die den Menschen zur Bombe degradiert. Wenn das Projekt, das Peter Schran angenehm zurückhaltend dokumentiert, Schule macht, dann auch automatisch die reaktionäre Vorstellung, daß man den gewalttätigen Reflex quasi „psychochirurgisch“ abspalten kann. Die sozio-politische Basis für gewalttätige Ausschreitungen ist kein Thema dieser Methode. Als Gradmesser für politische Ohnmacht ist der Film ein aufschlußreiches Dokument.

Nicht allein die Fragwürdigkeit der Therapie, sondern vor allem der politische Kontext, in dem die dokumentierte Methode steht, stimmt nachdenklich. Das wiedervereinigte Deutschland „heilt“ seine von Ausländerhaß erfüllten Schläger durch operative Korrektur. Am Ende lesen die Schläger friedlich in der Bibel und träumen davon, bei der Kreuzigung Christi die Peitsche zu schwingen. Richtig Horrorshow. Manfred Riepe