Werden die Socken teurer?

■ Auf dem Winterfeldtmarkt sieht man einer Privatisierung gelassen entgegen

Schöneberg. Auf dem Winterfeldtmarkt herrscht der übliche Betrieb. Die Marktbegeisterten belagern wie jeden Samstag die Stände, um ihren Wochenendeinkauf zu tätigen, beim Blumenhändler ein Schnäppchen zu machen, Bekannte zu treffen oder einfach nur zu bummeln. Denn dazu lädt der berühmteste und wegen seiner Vielseitigkeit wohl auch schönste aller Berliner Wochenmärkte ein.

Der Streit um die bevorstehende Privatisierung der kommunalen Märkte, von der auch der Winterfeldtmarkt betroffen wäre, hat sich hier noch nicht — anders als zum Beispiel in Charlottenburg oder Friedrichshain — in Protesttransparenten oder Unterschriftenlisten niedergeschlagen. Viele Marktleute sehen der bevorstehenden Umwandlung eher gelassen entgegen. »Kein Grund zur Aufregung«, meint die Gemüsehändlerin, »das dauert doch noch ewig, bis das umgesetzt wird.« Außerdem habe sie bereits auf einem privaten Markt gestanden und damit nur gute Erfahrungen gemacht.

Auch der Sockenhändler ein paar Stände weiter sieht keinen Grund zur Beunruhigung. »Schauen Sie sich mal die Neuköllner Märkte an«, argumentiert er, »die sind nach der Privatisierung doch viel besser als vorher. Jetzt klappt die Organisation endlich, und die Mieten sind auch nicht teurer geworden.« Der Teeverkäufer nebenan kann das nur bestätigen. »Wenn das hier so laufen würde wie in Neukölln, wäre das prima. Aber dort ist ja auch kein kommerzieller Anbieter, sondern ein Verein Träger der Märkte.« Er befürchtet, daß die meisten Märkte in die Hände von gewinnorientierten Pächtern geraten, und die Standmieten daraufhin drastisch steigen würden.

Außerdem hat der Wochenhändler Angst, daß die privaten Pächter die Tageshändler verdrängen und somit die Vielfalt und Attraktivität der Wochenmärkte kaputtmachen. Ähnliche Befürchtungen hegt auch Peter Müller, der Geschäftsführer einer GmbH von Markthändlern, die sich unter dem Dach des Verbandes ambulanter Markthändler zusammengetan haben, um die Neuköllner Märkte als Träger zu übernehmen.

Er lacht, wenn er auf den Erfolg des Neuköllner Modells angesprochen wird. »Natürlich sind unsere Märkte gut. Schließlich sind in unserer GmbH nur Leute mit langjähriger Erfahrung als Markthändler. Wenn wir nicht wissen, wie ein Markt aussehen soll, wer dann?« Die Markthändler-GmbH betrachtet die quasi öffentlich-rechtliche Führung der Märkte durch einen Verein jedoch nur als Notlösung. »Schließlich«, so Müller, »können wir nicht alle kommunalen Berliner Märkte übernehmen. Das würde unsere Kapazität völlig sprengen.«

Er befürchtet, daß im Rahmen der Privatisierung kommerzielle Anbieter auf den Markt drängen (möglicherweise auch konkurrierende Lebensmittelkonzerne), die nicht am Erhalt der Märkte, sondern nur am Gewinn interessiert sind. Dann würde vielleicht auch auf dem Winterfeldtmarkt so mancher Stand fehlen, und die Wintersocken würden nicht zehn, sondern 20 Mark das Dreierpack kosten. »Denn«, so die Händlerin, »irgendwie müßten wir die hohen Standmieten ja wieder reinholen.« Sonja Schock