Rushdie sagt Mahnwache ab

Dublin (taz) — Der britisch-indische Autor Salman Rushdie hat auf Druck des britischen Außenministeriums seine Anhänger gebeten, auf eine Solidaritätskundgebung am Montag zu verzichten. Die geplante 24stündige Mahnwache sollte daran erinnern, daß Rushdie seit tausend Tagen im Versteck leben muß. Am 11. November 1989 hatte der inzwischen verstorbene iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini wegen Rushdies „blasphemischen“ Buches Satanische Verse dazu aufgerufen, ihn zu ermorden. Das Außenministerium befürchtete, daß durch die Mahnwache die Freilassung der letzten britischen Geisel im Libanon, Terry Waite, verzögert werden könnte. Rushdie warf der Regierung vor, daß sie durch diese Äußerungen die Geiselnehmer erst auf die Idee gebracht hätte, die Situation auszunutzen. Es sei eine „grobe Dummheit“, die beiden völlig unabhängigen Themen — die Fatwa, der Mordaufruf, und die Geiselnahme — öffentlich in Verbindung zu bringen, sagte Rushdie. Er habe die Kundgebung nicht aus Rücksicht auf das Außenministerium, sondern allein wegen Terry Waite abgesagt.

Nach einem Treffen zwischen Mitgliedern der Solidaritätskampagne für Rushdie und Staatssekretär Douglas Hogg am Dienstag hatte das Ministerium noch betont, zwischen beiden Themen zu trennen. „Der Meinungsumschwung ist von erschreckender Tragweite“, sagten Rushdie-Anhänger am Mittwoch. Anstelle der Mahnwache sollen am Montag nun in einem Londoner Buchladen Solidaritätserklärungen für Rushdie verlesen werden. Ralf Sotscheck