Serbien will eigene Armee aufstellen Kein Vertrauen in Bundesarmee

■ Der berüchtigte „Captain Dragan“ wurde mit dem Aufbau einer Berufsarmee betraut

Belgrad (afp) — Über vier Monate nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Jugoslawiens hat die serbische Führung eine Kehrtwendung vollzogen und die Schaffung einer eigenen Armee angekündigt. Bisher hatte Serbien die jugoslawische Bundesarmee immer als Garant der staatlichen Einheit gesehen und die Bildung von Republikarmeen strikt abgelehnt. Die Belgrader Tageszeitung 'Politika‘ berichtete am Donnerstag, ein Teil der neuen Armee, der Berufssoldaten angehören sollen, werde binnen dreier Monate einsatzbereit sein. Die serbische Armee soll in den kommenden drei Monaten auf eine Stärke von 20.000 Mann gebracht werden. Dieser Berufsarmee könnten sich Soldaten der jugoslawischen Armee anschließen, erklärte der frühere Chef der serbischen Milizen in Kroatien, Hauptmann Dragan. Dragan, der vom Verteidigungsministerium mit der Ausbildung der Freiwilligen beauftragt wurde, sagte in dem Gespräch, die Armee sei in diesem Krieg gescheitert.

Der berüchtigte Ex-Milizionär wies auf das Mißtrauen der Soldaten gegenüber ihren Vorgesetzten und die Massendesertionen hin. Eine Berufsarmee habe dagegen den Vorteil, daß sich dort alle freiwillig zum Kampf entschieden hätten. Nach Angaben von 'Politika‘ setzte das Verteidigungsministerium bereits eine elfköpfige Kommission ein, um die entsprechenden Gesetzesgrundlagen auszuarbeiten. Die serbische Regierung betrachtet die Bundesarmee laut 'Politika‘ mittlerweile als schwach und unfähig. Die Entscheidung zur Bildung einer eigenen Armee sei nach den ersten Angriffen kroatischer Verbände auf Städte innerhalb Serbiens am Dienstag und Mittwoch gefallen.

Während des Donnerstag flog die jugoslawische Bundesarmee Einsätze gegen zivile Ziele, unter anderem wurde Slavonska Brod an der Grenze zu Bosnien bombardiert. Die Bundesarmee forderte erneut die Verteidiger von Dubrovnik zur Übergabe auf, wurde aber abschlägig beschieden. Man werde, so hieß es, um jedes Haus kämpfen.

Der Kommandant der belagerten ostslawonischen Stadt Vukovar, Milan Dedakovic, berichtete unterdessen, bei den Kämpfen um die Stadt seien etwa 7.000 Soldaten und Reservisten der jugoslawischen Armee getötet worden. Der Generalstab der kroatischen Verbände in Zagreb konnte die Zahlen nicht bestätigen. Die jugoslawische Nachrichtenagentur Tanjug zitierte Dedakovic mit der Behauptung, der kroatische Generalstab wolle ihn töten, weil er der militärischen Führung vorgeworfen habe, Vukovar aufgegeben zu haben.