MIT GESUNDER KOST AUF DU UND DU: EG legt Bio-Mafia lahm
■ Ökologische Bauernlobby feiert neue EG-Verordnung
Wiesbaden (taz) — Die Blutwurst lieferte eine nach den Grundsätzen von Bioland großgezogene Sau. Und der Käse wurde aus der Milch der Kühe hergestellt, die in der Domäne Mechthildshausen im Wiesbadener Stadtteil Erbenheim von schwer erziehbaren Jugendlichen mit viel Liebe und pestizidfreiem Gras und Heu glücklich sind. Die Verbände des anerkannten ökologischen Landbaus in Hessen (AöL) hatten zum Informationsnachmittag mit Ökosekt geladen, denn eine neue EG-Bio-Verordnung ist für die Ökobauern von Demeter, Bioland und dem Bundesverband ökologischer Weinbau Grund zum Feiern. „Endlich kann den Pseudo- Bios das Handwerk gelegt werden“, frohlockte Rainer Löser von Bioland. Und Heinz Gengenbach vom Dachverband AöL begrüßte die „längst überfällige Verordnung“ für den ökologischen Landbau in Europa. Ab Mitte 1992 seien die Zeiten endgültig vorbei, in denen Trittbrettfahrer europaweit mit falschdeklarierten Produkten die schnelle Mark machen konnten.
Auf landwirtschaftlichen Produkten wird dann nur dort Bio draufstehen, wo auch tatsächlich Bio drin ist — und die Pseudos können strafrechtlich in allen EG-Mitgliedsstaaten verfolgt werden. Einziger Wermutstropfen der neuen EG-Verordnung: Die Viehwirtschaft soll erst später in das Gesetzeswerk integriert werden. Da es aufgrund der föderativen Struktur Deutschlands den einzelnen Bundesländern überlassen bleibt, wie sie die vom EG-Gesetz vorgeschriebene Kontrolle ausüben, ging schon am Dienstag hinter und vor den Kulissen das Gerangel um die Kontrollrechte los. Die Verbände des anerkannten ökologischen Landbaus, die bereits über ein effektives Kontrollsystem verfügen, boten sich dem anwesenden Staatssekretär aus dem Landwirtschaftsministerium als „Controller“ an. Doch der blockte zunächst ab, weil die vom Dachverband (AöL) angeführten rund 500 bis 1.000 DM Kontrollkosten pro Mitgliedshof den ohnehin strapazierten Hessen-Haushalt über Gebühr belasten würden. Immerhin existieren in Hessen bereits rund 400 anerkannte Biobetriebe. Im Ministerium gibt es Überlegungen, die Kontrolle über die Bio-Höfe „ähnlich wie beim TÜV“ zu organisieren. Klaus-Peter Klingelschmitt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen