„Jekkes“ in Palästina

■ Alice Schwarz-Gardos „Lebensweg einer Journalistin. Von Wien nach Tel Aviv“

Der große Raum war recht leer; nur dreizehn Interessenten waren erschienen, und ich hatte den Eindruck, daß fast alle Anwesenden direkte Erfahrungen mit Israel gemacht haben. Frau Alice Schwarz-Gardos, eine äußerst sympathische Person, welche mich durch ihre Lebhaftigkeit in Bewunderung versetzt hat, ist die Redakteurin der „Israel Nachrichten“, der einzigen deutschsprachigen Zeitung in Israel.

Aufgewachsen in einem gutbürgerlichen Haus in Wien, ging sie mit ihrer Familie nach Preßburg; die Journalistin mußte ihre Eltern dazu überreden,nach Palästina zu fliehen, als die Greueltaten des Dritten Reiches immer klarer zutage traten.

Ihrer Berufung folgend brach Frau Schwarz-Gardos ihr Medizinstudium ab und widmete sich ihrer journalistischen Karriere. Das erste Buch der Schriftstellerin erschien 1947 in Palästina — ein Novellenband mit einem Vorwort von Arnold Zweig. Romane, Kinderbücher und Sachbücher wie „Frauen in Israel“ (1979) und Paradies mit Schönheitsfehlern. So lebt man in Israel“ (1982) folgten. Aufgrund ihrer Aktivitäten im Bereich der deutsch-israelischen Verständigung wurde die engagierte Schriftstellerin mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse und dem Küstermeier-Preis geehrt.

Das neue Buch von Frau Schwarz-Gardos hat die Lebensumstände der „Jekkes“, d.h. der deutschen Juden in Palästina zum Inhalt.Die „Jekkes“ stellen eine Gruppe von ungefähr 140.000 Juden dar, welche aus Deutschland und Österreich nach Palästina eingewandert sind. Damals erlitten die Flüchtenden in Palästina einen Kulturschock; viele von ihnen waren aufgrund ihrer Existenzsicherung dazu gezwungen, ihre bisherigen Berufe aufzugeben und einfache Tätigkeiten auszuüben. Tatsachen dieser Art werden in der Bevölkerung heute mit einem elegischem Humor erzählt. Es ergaben sich recht viele Schwiergkeiten bei der kulturellen Integration. Die irrationale Liebe zu Deutschland war wohl eine der Barrieren beim Erlernen der hebräischen Sprache, so daß es heute noch Jekkes gibt, die nur einfache und stakkatoartige Sätze in hebräisch bilden können.

Die Selbstanklage einer Dame in der anschließenden Diskussion, die sich fragte, wie es nur geschehen konnte,daß sie während des Dritten Reiches als ungefähr Zehnjährige es als gegeben hinnahm, daß ihre jüdische Freundin die Schule verlassen mußte, hatte zur Folge, daß sich in dieser Gesprächsrunde einige Parallelen zur aktuellen Ausländerhaßproblematik herauskristallisierten. Cemile Tamboga