Länger leben mit Mineralwasser

■ Obwohl Deutschland von Dürrezeiten verschont bleibt kauft man Wasser in Flaschen

Berlin (taz) — Üblicherweise macht sich ein Reisender heutzutage keine Sorgen darüber, ob es an dem Ort, zu dem er fährt, Trinkwasser gibt. Er geht davon aus, daß es bei seinen Gastgebern genügend davon gibt.

Trinkwasser zu kaufen, das ist eigentlich nur dort notwendig, wo es aufgrund des Klimas lange Trockenperioden gibt. Obwohl solche Dürrezeiten in Deutschland nicht vorkommen, sind aus unerfindlichen Gründen im Haushaltsbudget jeder durchschnittlichen Familie Kosten für mehrere Liter Trinkwasser eingerechnet, die zur eigentlichen Wasserrechnung noch dazukommen.

In den meisten Ländern müssen Stadtbewohner Gebühren für Wasser bezahlen, doch die werden weniger für das Wasser selbst als für den Transport desselben fällig. Wenn das so ist, warum präsentieren die deutschen Lebensmittelgeschäfte ganz stolz Flaschen voller Wasser in ihren Regalen? Wo doch jeder Haushalt einen Wasseranschluß hat?

Es gibt unterschiedliche Gründe dafür. Die eine Geistesrichtung geht davon aus, daß das Wasser — obwohl es wissenschaftlich rein ist — dem Konsumenten vielleicht von seiner mineralischen Komposition her nicht zusagt. Ein anderer Hauptgrund könnte sein, daß Deutschland — wie andere hochentwickelte Länder — den Zerstörungen der Industrialisierung nicht entgangen ist. Das meiste Wasser ist mit Industrieabwässern verseucht. Das in Flaschen abgefüllte Wasser hingegen wird hierzulande als sicher und gesund angesehen, weil es destilliert und von diesen chemischen Unreinheiten frei ist.

Jeder sorgt sich um seine Gesundheit, aber es scheint so, als wollten die Deutschen länger als alle anderen leben, indem sie destilliertes Wasser kaufen und trinken. Welch eigenartige Angewohnheit! Geoffrey Chipolyonga