Schwarzenegger trifft Belushi

■ Diestel und Gysi auf Knutschkurs

Die »Akademie der Wissenschaften« in Berlin-Buch. Ein Abend mit Peter-Michael Diestel: Der Ex-Innenminister sitzt auf dem Podium zwischen Barbara Thalheim und Gregor Gysi und grinst sein Gewinner-Grinsen. Vor der Tür steht ein dicker Benz, zwei Bodyguards sorgen für Ordnung rund um den Politiker. »Ordnung« ist Diestels Lieblingswort: Sei sauber und ordentlich, und auch du wirst es schaffen.

Rechts neben ihm Gysi: klein, gebeugt, in einem übergroßen Sakko. Er zieht die Märtyrer-Tour voll durch, alles an ihm schreit nach Vergebung. Die Wähler laufen weg, die CDU/CSU bastelt an einem Weg, die PDS als verfassungsfeindlich zu verbieten, die Treuhand hockt auf dem Parteigeld, und alle schauen nach einem schmächtigen Mann mit Nickelbrille, der den Sozialismus in Deutschland aus dem Schlamassel ziehen soll.

Barbara Thalheim gibt sich eine halbe Stunde der Illusion hin, daß Diestel und Gysi so etwas wie ein Streitgespräch vorhaben. Dabei sind die Rollen längst verteilt.

Diestel mag keine Konfrontationen, und Gysi kann sie sich nicht leisten. Gysi unterhält sich mit seinem Duzfreund Peter über das Melken von Kühen im allgemeinen und das Melken der DDR-Bevölkerung im besonderen. Gregor findet die Treuhand blöde, Peter mag das Lenin- Denkmal nicht besonders, der PDS geht es dreckig, Arbeitslosigkeit ist echt doof. Gysi ist bemüht, dem CDU-Mann zu zeigen, wie lieb und nett ein Linker sein kann, wenn man ihn nur läßt.

Das Geschmiere wird selbst Diestel zuviel: Die Marktwirtschaft sei eine tolle Sache, wenige harte D-Mark in der Tasche allemal besser als ein Batzen Ostgeld.

Nun will auch die Thalheim nicht länger de fiese Möps sein und gratuliert Diestel zu der innenministeriellen Entscheidung im Mai 1990, etwa 15.000 Stasi-Leute in den Staatsdienst zu übernehmen. Nein, nein, wehrt Diestel ab, dieser Verdienst komme Hans Modrow zu (dankbares Nicken von Gysi). Da Gregors Hirn mittlerweile auf Tiefschlaf geschaltet hat, denkt Diestel: Wenn hier im Saal niemand in der Lage ist, mich der absoluten Hirnlosigkeit zu überführen, dann besorge ich mir das eben selbst: »Wissen Sie, wenn wir uns über die Zeit von 1933 mal unterhalten, dort hat man einer gewissen Menschengruppe einen gelben Stern aufgeklebt und gesagt, das sind Unmenschen, das sind Verbrecher. Und man hat das gleiche gemacht in der Zeit, in der ich Verantwortung hatte, und hat sich die Mitarbeiter des MfS ausgeguckt.«

Gregor findet den Vergleich überzogen. Dann finden die beiden schnell wieder Gemeinsamkeiten: In der Stasi-Zeit war Peter kein Held, Gregor auch nicht, die Kirchenleute erst recht nicht, und dem Biermann darf man nicht vorwerfen, daß er nicht verhaftet wurde, schließlich konnte der sich das ja nicht aussuchen. Diestel gibt zum Besten, daß Biermann ihn aufgesucht habe, als er noch Innenminister war. Biermann habe in Berlin ein Haus in guter Wohnlage verlangt, er, Diestel, habe das abgelehnt. Ein kleiner Witz, daß Diestel zur gleichen Zeit sich mit einem sehr, sehr »preisgünstigen« Haus versorgt habe, wird mit artigem Gelächter quittiert. Der Höhepunkt an Kritik ist erreicht.

Barbara Thalheim singt einige Lieder, die vom Leben in der DDR handeln. Es sind kämpferische Mahnungen, nicht aufzugeben, denn »im Osten geht die Freiheit auf — im Westen geht sie schlafen«. Werner