In Nicaragua explodiert die Gewalt

■ Straßenschlachten, Bomben und Brandsätze/ Konfrontation zwischen FSLN und Managuas Bürgermeister

Managua (dpa/afp) — Ein Bombenanschlag in Managua hat am Samstag schwere Unruhen in Nicaragua ausgelöst. Dabei gingen Gebäude in Flammen auf, in den Straßen mehrerer Städte wurden Barrikaden errichtet sowie Autoreifen und Fahrzeuge in Brand gesetzt, in Managua und Leon wurden insgesamt drei Rundfunkstationen zerstört. Über mögliche Opfer der Gewalt wurde zunächst nichts bekannt.

Am frühen Samstag morgen hatten Unbekannte in Managua das Mausoleum von Carlos Fonseca, Gründer der sandinistischen Front FSLN, durch die Zündung eines Sprengsatzes weitgehend zerstört. Wenige Stunden später versammelten sich in den Straßen Tausende von aufgebrachten Sandinisten und errichteten Barrikaden. Sie legten Feuer in den Büros des Bürgermeisters von Managua, Arnoldo Aleman, der als erbitterter Gegner der Sandinisten gilt. Mit schwarz-roten Tüchern maskierte Jugendliche griffen den Sitz der ehemaligen „Contra“-Organisation „Bürgeraktion Nicaraguanischer Widerstand“ an und schossen auf die dort befindlichen Ex-Contras. Außerdem eröffneten Unbekannte das Feuer auf den antisandinistischen Radiosender „Radio Corporacion“.

Radio Nicaragua meldete Unruhen auch aus dem zentralen und westlichen Teil des Landes. Im Zentrum der Stadt Matagalpa wurden demzufolge Barrikaden errichtet. Brennende Reifen türmten sich an jeder Straßenecke. Vor dem Rathaus skandierten rund 300 Menschen Schmährufe gegen die Politiker des regierenden Parteienbündnisses Uno. Der Polizei sei befohlen worden, ihre Diensträume nicht zu verlassen, so Radio Nicaragua unter Berufung auf einen Offizier. Die Lage sei „schwierig“.

Rund 15 Demonstranten griffen in Managua die Rundfunkstationen Radio Corporacion und Radio Minuto mit Schnellfeuergewehren vom Typ AK-47 an und zerstörten die gesamte Einrichtung und Sendeausrüstung. In der Stadt Leon wurde die Rundfunkstation Radio Dario von einer aufgebrachten Menge gestürmt und zertrümmert.

Während die Regierung die „Vandalen-Akte“ verurteilte, rief auch FSLN-Führer Daniel Ortega seine Anhänger zur Ruhe auf. „Nach dem Kampf muß eine Ruhepause eingelegt werden. Das bedeutet aber nicht, daß wir weniger wachsam sind. Wir werden vielmehr unsere Vorbereitungen verbessern“, erklärte Ortega vor Tausenden begeisterter Anhänger auf dem Platz der Republik.

Zwischen Ortega und Managuas Bürgermeister Aleman besteht eine erbitterte Feindschaft. Auf Antrag von Alemans Partei, der „Liberalen Verfassungspartei“ (PLC), hatte Ortega am Freitag seine parlamentarische Immunität abgelegt, um sich vor Gericht Beschuldigungen des „Aufrufs zur Gewalt“ stellen zu können. Ortega hatte zuvor die Wiederbewaffnung der Sandinisten angekündigt, sollte Aleman mit seinen Plänen zur Bildung einer eigenen parallelen Polizeitruppe in Managua, die neben den landesweiten Polizeieinheiten bestehen soll, ernst machen.

Wegen eines Stromausfalls wurde in der Nacht zum Sonntag der Flughafen von Managua geschlossen. Unklar blieb zunächst, ob die Schließung mit den Anschlägen vom Samstag zusammenhängt.