Stichwortgeber sind die schlimmsten!-betr.: "Wunderschöne Worte - gegenteilige Taten", taz vom 2.11.91

betr.: »Wunderschöne Worte — gegenteilige Taten«, taz vom 2.11.91

Die neuen sozialdemokratischen Sprüche zur Verkehrspolitik sind, wie so vieles, nicht auf dem Sozimist gewachsen. Die SPD macht es sich wie immer einfach: Es wird jemand eingekauft, der die flotten Sprüche der Verkehrsszene perfekt beherrscht und diese werden dann in orwellscher Manier ins Programm aufgenommen.

Vielleicht steckt bei den Sprücheproduzenten wirklich der Wunsch einer veränderten Verkehrspolitik, ja Verkehrsphilosophie dahinter, die SPD nimmt aber nur, was sie kriegen kann — ohne den Willen aus den Sprüchen auch Taten werden zu lassen. Es ist deswegen meiner Meinung nach unverantwortlich, Autoparteien wie die SPD mit flotten Planerparolen und Phrasen zu versorgen, wohl wissend, daß damit die verkehrskritische Öffentlichkeit eingelullt und für dumm verkauft werden soll. [...]

Die Folge dieser Orwellei ist: Die AL, mit ihrem ausgezeichneten und seit vielen Jahren fortentwickelten Verkehrsprogramm, bei dem das meiste des SPD-Plagiats zudem abgekupfert wurde, sieht sich einer verbalradikalen SPD als vermeintliche Opposition in der Regierung gegenüber, die, wie so oft in ihrer Geschichte, das glatte Gegenteil von dem praktiziert, was sie sich in ihr Programm dichten ließ.

Ein Tip für die Stichwortgeber: Radikale Lösungen beginnen im Kopf, auch in einer Partei. Wer an der Vernebelung der tatsächlichen politischen Richtung in der SPD-Verkehrspolitik Teil hat, ist mitverantwortlich dafür, daß auf viele Jahre die Windschutzscheibenperspektive beibehalten bleibt und weiter die CDU-Haase-Politik mit Deckung der SPD fortgeführt wird. Schade, daß es Fachleute gibt, die sich dafür hergeben! Dirk Oblong, Berlin 21