Keiner will die Stipendien zahlen

■ Weder PDS noch Treuhand fühlen sich für die 300 ausländischen StipendiatInnen der PDS zuständig

Mitte. Seit September kann Rizaldy Macapagal weder seine Miete noch seine Krankenversicherung bezahlen, geschweige denn Lebensmittel, Sozialbeiträge oder Studienunterlagen. Um überhaupt überleben zu können, mußte er sich erst bei Freunden, dann bei der Bank verschulden, »Wenn ich bis zum 15. November meine Miete nicht bezahle, schmeißen sie mich aus dem Wohnheim«, sagt Macapagal.

Vor fünf Jahren kam er auf Einladung der SED von den Philippinen, um in Dresden und Berlin Germanistik zu studieren. Sein Studium wurde von der Partei mit einem Stipendium finanziert. Nachdem die Treuhand die Verwaltung des PDS- Vermögens übernommen hatte, richtete sie einen Stipendienfonds innerhalb des Altvermögens der Partei ein. Im August jedoch befand die Treuhand, sie könne nur weiterzahlen, wenn die PDS bereit sei, zu einem späteren Zeitpunkt die Stipendienzahlungen verrechnen zu lassen. Darauf ließ sich die PDS jedoch nicht ein.

Etwa 300 weitere StudentInnen aus Ländern der sogenannten Dritten Welt sitzen jetzt ebenfalls auf dem trockenen. »Ich habe ständig bei der Treuhand angerufen«, sagt Laura Aristando aus Uruguay. »Sie haben mich immer wieder vertröstet. Es hieß, das Geld komme morgen oder übermorgen.« Erst vor zwei Wochen teilte ihr ein Treuhand-Vertreter mit, daß die Stipendien nicht weitergezahlt würden. »Wir werden hier als Mittel benutzt, um politische Probleme zu lösen«, meint die Studentin.

»Wir wollten gerade diese Probleme nicht auf dem Rücken der Studenten austragen«, sagt ein Sprecher der Treuhandanstalt. »Daher haben wir der PDS dieses Finanzierungsmodell vorschlagen, indem wir zunächst aus Altvermögensmitteln vorfinanzieren. Die Partei haftet dann mit ihrem Vermögen.« Die Rechtsstaatlichkeit des von der Treuhand verwalteten Parteivermögens wird noch geprüft. So lange muß die Treuhand in der Lage bleiben, eventuelle Ansprüche Dritter einzulösen, die möglicherweise von der SED enteignet worden waren. Bis über diese Ansprüche entschieden ist, kann sie über das Altvermögen nicht ohne Haftung verfügen.

Alf Leopold, bei der PDS verantwortlich für den Bereich internationale Beziehungen, hält das für einen Vorwand. »So etwas kann die PDS nicht unterschreiben. Niemand hat bisher definiert, was hier rechtsstaatlich erworben heißt, und niemand weiß, wie viel letztlich dabei heraus kommt.« Auch wäre die Treuhand nach einem solchen Akt jederzeit in der Lage, die Zahlungen zu stoppen, falls sich das »rechtsstaatlich erworbene Vermögen« als nicht ausreichend herausstelle. Die PDS trete dafür ein, die Stipendien als offene Forderungen an die SED zu betrachten und weiterhin aus dem Altvermögen zu begleichen.

Der Deutsche Akademische Auslansdienst (DAAD) steht zur Zeit in Vertragsverhandlungen mit der Treuhandanstalt, um die StipendiatInnen ab Januar 1992 in die Betreuung zu übernehmen. »Wir haben ein Interesse daran, daß hier endlich Ruhe eintritt«, so Manfred Gumil vom DAAD. »Die Studenten sollen studieren und nicht ständig herumlaufen müssen, um ihr Geld zu bekommen.« Der DAAD hatte bereits diejenigen ausländischen StudentInnen übernommen, die durch Regierungsabkommen in der DDR studiert hatten. Wovon die 300 PDS-StipendiatInnen sich bis Jahresende über Wasser halten sollen, ist aber auch im Fall einer Übernahme weiterhin ungeklärt. cor