Pauschale Diskriminierung-betr.: "Flüchtlinge sollen zu den Peinigern zurück", taz vom 5.11.91

betr.: „Flüchtlinge sollen zu den Peinigern zurück“,

taz vom 5.11.91

Wir sind Bürger von Greifswald mit unterschiedlichen Berufen, politischen und religiösen Bindungen. Einige von uns arbeiten beruflich mit Ausländern zusammen, Studenten, Kollegen, Asylanten. Wir beobachten mit Sorge die wachsenden Erscheinungen von Vorurteil, Haß und Gewalt gegenüber Ausländern überall in der Bundesrepbulik, auch in Greifswald. Wir glauben, daß die Evakuierung von Ausländern keine Lösung darstellt, weder für Hoyerswerda, noch Greifswald, noch Berlin.

Wir protestieren aufs schärfste gegen die Tendenz, die in Ihrer skandalträchtigen Headline steckt. Damit unterstützen auch Sie — leider nicht zum ersten Mal — die undifferenziert-diffamierende Meinung, die Probleme mit dem Fremdenhaß seien durch die kulturlosen Ostler in die früher cleane Bundesrepublik gekommen. (Auch in der taz standen gute Analysen der Situation!) Solche Art Berichterstattung ist geeignet, pauschal alle Bürger des Ostens zu diskriminieren. Damit tragen Sie weder zur LÖsung der Probleme unserer ausländischen Mitbürger bei — Probleme mit uns, mit unseligen Aspekten deutscher Geschichte und Gegenwart —, noch zur Überwindung der tiefgehenden sozialen, kulturellen und psychischen Grenze, die an die Stelle der früheren Mauer getreten ist.

Die Vorfälle am vergangenen Sonntag, bei denen etwa 150 mit Sprechfunkgeräten ausgestattete Fußballrowdys aus Berlin (Ost und West) in unserer Stadt in Aktion traten, müssen untersucht werden. Wir wollen es nicht allein den zuständigen Organen überlassen. Eine gut recherchierende, ihre Verantwortung wahrnehmende Presse ist dazu ebenso nötig wie das Engagement der Bürger. Tun Sie dabei mit! Präsident der Bürgerschaft Dr.Thomas Meyer, Fraktion Neues Forum, Fraktion SPD, Ausländerbeauftragte Dr.Christine Wimmer, Gleichstellungsbeauftragte Ute Boback, f.d.R. Elke Fratz, Mitglied der Bürgerschaft, SPD