Haft für Neonazis

■ Urteil wegen Überfall auf Tschernobyl-Kinderheim In Weimar kamen Jugendliche Schützen wieder frei

Zittau (dpa) — Für den Überfall auf ein Ferienheim mit strahlengeschädigten Kindern aus dem sowjetischen Tschernobyl hat das Jugendschöffengericht Zittau acht junge Neonazis zu Freiheitsstrafen von bis zu 15 Monaten verurteilt. Das Gericht sprach die Männer im Alter von 20 bis 34 Jahren gestern des Landfriedensbruches im schweren Fall in Tateinheit mit Körperverletzung und Volksverhetzung für schuldig. Zwei der Angeklagten wurden außerdem wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Die Haftstrafen wurden teilweise zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten hatten laut Urteilsbegründung mit Steinen auf das Heim geworfen, in dem Kinder aus der strahlenverseuchten Region in der Ukraine einen Ferienaufenthalt verbrachten. Dazu riefen sie Parolen wie „Ein Baum, ein Strick, ein Russengenick“, „Ab nach Auschwitz“ und „Sieg Heil“. Ein sowjetischer Betreuer war verletzt worden. Die Rechtsextremisten, die zur Tatzeit unter Alkohol standen, wollten mit dem Überfall ihren „Haß auf Ausländer“ deutlich machen, begründete Vorsitzender Richter Lothar Scholz. Die Männer hätten das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein. Der Richter betonte, das Verfahren sei kein politischer Prozeß. Es sei jedoch gewollt, daß von dem Zittauer Urteil — es ist das erste gegen Neonazis in Sachsen seit der deutschen Vereinigung — eine „generalpräventive Wirkung ausgehen soll“. Mit dem verhängten Strafmaß blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte nach dreitägiger Verhandlung Haftstrafen bis zu zwei Jahren und drei Monaten beantragt, teilweise ebenfalls auf Bewährung. Die Verteidigung hatte dagegen argumentiert, es habe sich um eine „entartete Männertagsfeier“ gehandelt. Zur Urteilsverkündung waren fast 100 Sympathisanten der Angeklagten erschienen. Nicht alle fanden im Gerichtssaal Platz. Einige der Neonazis machten vor dem Gerichtssaal den Hitlergruß und stimmten ausländerfeindliche Lieder an.

Weimar (ap) — Mit Empörung ist in Weimar die Freilassung von drei deutschen Jugendlichen aus der Untersuchungshaft aufgenommen worden, die am Samstag einen Mosambikaner durch Schüsse aus einem Luftdruckgewehr schwer verletzt hatten. Nach Angaben des Magistrats vom Montag richtete der Weimarer Oberbürgermeister Klaus Büttner eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Erfurter Justizminister Hans-Joachim Jentsch.

Der zuständige Richter hatte die Jugendlichen am Sonntag abend auf freien Fuß gesetzt und den Haftantrag des Staatsanwalts zurückgewiesen. Der Weimarer Magistratssprecher Joachim Vogel sagte, es liege nicht im Interesse des Oberbürgermeisters, sich in Angelegenheiten der Justiz einzumischen.