Stilistischer Kippschalter

■ Kim Salmon And The Surrealists im Römer / „geht so“ bis mitreißend

Ob die Qualität eines Konzertes daran gemessen werden kann, wieviele Menschen im Publikum wie oft ihren Standort verändern, um zur Theke oder zur Toilette zu streben, ist noch nicht abschließend bewiesen. Sollte es allerdings so sein, dann müßte der Gig des australischen Trios Kim Salmon And The Surrealists in der Kategorie „Geht so“ abgehakt werden. Denn eine spezifische Note hatte der musikalische Abend im Römer nun wiklich nicht verdient.

Auch wenn die Mitglieder der Band in Bremen keine Unbekannten waren, fanden wenig ZuhörerInnen den Weg zum Leadgitarristen Salmon. Aber wenn schon der Saal nicht so richtig voll wurde, so waren es wenigstens die drei Musiker, hatte doch Bassist Brian Hooper just an diesem Tage Geburtstag. Ob es nun am Alhohol lag oder einfach nur am Unvermögen, Salmon selbst machte zu Beginn einen geradezu schwächlichen Eindruck im stimmlichen Bereich. Um bei den Noten zu bleiben: Schreien zwei plus, Singen vier minus.

Die Surrealisten aus Down Under begannen recht druckvoll, Salmon skandierte ein ums andere Mal, er sei Gott, aber sie ließen sich dann in ruhigere, balladige Musik-Bahnen zurückfallen. Das ging so: Eins-Zwo-Drei-Vier von den Drums, immer schön gleichförmig, so etwa bum-baaa-bum- bum, ein mäßig unterhaltsamer Bass und dazu sägende Saitenklänge von der Gitarre — hochfrequent und monoton. Herr Salmon steuerte gesprochene, gebrüllte, geschriene und versuchsweise gesungene Mitteilungen bei. Einmal gab er vor, eine Wanze zu sein. Die erste Hälfte kam über wie der akustische Lauf einer Billardkugel, die als musikalischer Dreibänder gespielt wurde. Die Banden waren diverse Anleihen bekannter Rockmuster, die unregelmäßig, aber wiederkehrend erklangen. Daß auch drei Instrumente gehörig Krach machen können, war vorher ohnehin unstrittig.

Außer Zweifel stand allerdings auch, daß die Australier ihre Instrumente beherrschten, ein Gefühl für Rockabilly hatten und auch „Je t'aime“ und „Blue Velvet“ verfremdet intonieren konnten. Wie und warum sie es aber nach einer Stunde fertig brachten, einfach einen stilistischen Kippschalter umzustellen und von einem Moment auf den anderen treibende, inspirierte, schräge und vor allem mitreißende Töne zu produzieren, bleibt das Geheimnis der Band. Das Ende der Veranstaltung entschädigte jedenfalls für den Wirr-Warr zu Beginn. Aber warum das alles? Cool J.F.