Rundfunkrat: Hörfunkchef suchen

■ Redakteurs-Votum bei Radio Bremen übergangen / Interner Streit ohne Ende

Ein Ende des hausinternen Kampfes bei Radio Bremen ist nicht absehbar — dies ist das Ergebnis der streng gegen jegliche Öffentlichkeit abgeschotteten Sitzung des Rundfunkrates am vergangenen Freitag. Das oberste „Parlament“ von Radio-Bremen hatte dreieinhalb Stunden lang über die Besetzung der Hörfunk-Spitze debattiert. Der hausinterne Protest vor allem von Mitarbeitern des 1. Programms hat nichts genutzt — das Gremium will den Posten trotz der dünnen Bewerberlage neu besetzen. Vier der nur zehn Bewerber sollen im Januar eingeladen werden, einer aus den neuen Bundesländern und eine Frau vom WDR gelten bisher als besonders aussichtsreich.

„Nordwestdeutsche Klassenlotterie“ spotten Hörfunk-Redakteure über das ehrenamtliche Gremium von Laien, das alle Monate wieder zusammenkommt und die wichtigen Entscheidungen über die Zukunft des Senders trifft. Nach welchen Kriterien werden da Entscheidungen getroffen? Der hausinterne Bewerber ist regelmäßig in die SPD-Betriebsgruppe gekommen, schon hat er einige Stimmen auf sich vereinigt. Da kann es einen „Ost- Bonus“ geben oder andere, die sagen, es müsse wieder eine Frau her. Die meisten der Rundfunkräte kennen die Arbeit nicht, deren Leitung sie da bestimmen sollen, so lautet kaum verhohlen die Kritik aus der Redaktion an ihrem obersten Aufsichtsgremium.

Als bester Beweis für die These gilt die bisherige Hörfunk-Chefin Karola Sommerey. Mit viel Vorschuß-Lorbeeren war sie vom Rundfunkrat aus Köln nach Bremen geholt worden — und hinterläßt nach neun Jahren eine fraktionierte und völlig zerstrittene Redaktion, steckengebliebene Programmreformen und sinkende Einschalt-Quoten in der werbeträchtigen Prime-time morgens früh („Kaffeepott“).

Lieber keine Programmdirektorin als monatelanges Warten und dann wieder Rundfunkrat- Lotterie, das ist die Logik einer Unterschriftensammlung von Redaktionsmitgliedern quer durch alle Bereiche der Hansa-Welle, die mit seinen Werbe-Einnahmen die anderen drei RB-Programme finanzieren hilft.

Beim hausinternen Streit spielen allerdings auch andere Motive eine Rolle. Denn einige Sommerey-Anhänger sehen sich einem Bündnis von Sommerey- Gegnern gegenüber, die alten Verbitterungen wirken fort. Und insbesondere der Fernseh-Programmchef Rüdiger Hoffmann hat höchstes Interesse daran, daß der Hörfunk-Posten neben ihm in der vierköpfigen Direktion besetzt wird — sonst wäre er hoffnungslos in der Minderheit gegenüber Intendant Klostermeier und dem Verwaltungsdirektor.

Denn wenn der Posten der Programmdirektorin nur kommissarisch vom Intendanten verwaltet würde, wie die Hörfunk-Redakteure fordern, dann hätte die Redaktion damit deutlicheren Einfluß auf die dringend notwendigen Korrekturen bei der Hansawelle — insbesondere das erste Programm hat die Spitzenposition im Sendegebiet an den NDR abtreten müssen.

Diese Kompetenz und Kraft traut allerdings die Mehrheit des Rundfunkrates der Hörfunk-Redaktion nicht zu und setzt auf frisches Blut von außen, Parteienvertreter von CDU bis Grünen waren sich da am vergangenen Freitag erstaunlich einig gegen die Personalratsvertreter von Radio Bremen. K.W.