■ EUROFACETTEN
: Kommunistische Diaspora

Die Erkenntnis ist bereits Gemeinplatz: Es gibt eine kommunistische Diaspora.

Da sind Kommunisten, die in Italien eine neue Partei aufbauen, andere führen den harten Kampf innerhalb der gewendeten „Partei der demokratischen Linken“. Dann gibt es viele, die überhaupt keiner Partei mehr beitreten wollen, aus Mißtrauen, Abneigung, oder aus der Überzeugung, daß politisches Engagement nie mehr Partei-Form annehmen darf. „Kommunistisch“: die riesige Vielfalt an Geschichte, Erfahrungen, Kulturen, die innerhalb der Kommunistischen Partei entstanden sind, unterschiedlich oft bis hin zur Unvereinbarkeit; doch auch Kulturen außerhalb der KPI, oft in Polemik mit der Partei — vor und nach 1968 (etwa der Operatismo, der Trotzkismus, die Neue Linke). Und dazu völlig unorganisierte Kulturen, unintegrierbar in die KPI wie in andere Linksorganisationen. All das gibt es noch heute: Auf die Frage, ob sie trotz des Zusammenbruchs der Ostblockstaaten noch an die Aktualität des Kommunismus glauben, antworteten 30 Prozent der Jugendlichen mit Ja.

Die nun herrschende Diaspora droht jedoch in unüberwindlichen Abstand auszuarten. Sie kann allerdings auch fruchtbar werden, sofern sie zu einem Areal wird für den Vergleich und die Auseinandersetzung von Erfahrungen, Reflexionen, politischer Praxis. Vorausgesetzt ist dabei:

1.Zunächst muß das Diaspora-Dasein allseits anerkannt werden. Wir müssen akzeptieren, daß niemand beim Aufbau des neuen Denkens Hegemonie beanspruchen kann, daß niemand ein besserer oder schlechterer Kommunist ist, nur weil er einen anderen Weg wählt.

2.Weiterhin müssen wir eine neue Kultur kollektiven Handelns, Formen von Gruppenarbeit, gesellschaftliche Reflexion finden — tatsächlich hat sich ja in jedem einzelnen von uns (die großen Intellektuellen vielleicht ausgeschlossen...) das individuelle, freie kommunistische Bewußtsein auf einer kollektiven Praxis aufgebaut und entwickelt.

3.Der wichtigste Punkt aber: die politischen Orte, wo sich die Kommunisten, wo immer auch engagiert, zusammensetzen und herauszufinden suchen, was für eine nicht zur Partei führende kulturell-sozial-politische Zukunft nützlich ist, müssen zu einem Netz kommunistischer Klubs und Vereinigungen werden. Ohne diese Verbindung untereinander werden die Kommunisten völlig untergehen. Carlo Cuomo

Der Autor ist Mitglied der Associazione Gramsci in Mailand