Europäer wollen Weltsicherheitsrat anrufen

Die Altstadt in Dubrovnik scheint jetzt tatsächlich schwer getroffen zu sein/ Bei serbischer Fernsehsendung wird Denkmalschutz als Schutz für die Faschisten bezeichnet/ Kämpfe in Vukovar gehen weiter/ Massaker an Serben in Kroatien?  ■ Aus Budapest Roland Hofwiler

Die Europäische Gemeinschaft will angesichts der „erschreckenden und bedrückenden“ Lage in Jugoslawien eine sofortige Einberufung des UNO-Sicherheitsrates beantragen. Dies beschlossen die Außenminister der EG am Dienstag im niederländischen Noordwijk auf Antrag von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Offenbar haben damit die EG-Minister auf den serbischen Vorschlag reagiert, demzufolge UN-Truppen als Friedenstruppen zwischen die Linien der kriegführenden Parteien treten sollen.

Mit harschen Worten hatte die serbische Führung am Montag den Einsatz von UN-Truppen gefordert, andernfalls werde man den Kriegszustand im gesamten Jugoslawien ausrufen.

Glaubt man dem kroatischen Propagandasender Studio Zagreb, so wurde gestern die Altstadt von Dubrovnik „massiv beschossen“. Kursierten bereits in den Morgenstunden in Belgrad Gerüchte, wonach das historische Zentrum der Hafenstadt von Granaten getroffen sein sollten, so bestätigte das offizielle Zagreb diese Meldungen erst gegen 14.33 Uhr. Einschüsse wurden demnach an der St.-Johannes-Burg, dem mitteralterlichen Stadthafen sowie an den Wahrzeichen Dubrovniks, den Festungen Minceta und Lovrijenac registriert. In der Hauptstraße des historischen Zentrums, der Placa, seien demnach die Dachstühle einiger Häuser ausgebrannt. Fernsehbilder wurden jedoch bis Redaktionsschluß der taz im kroatischen Fernsehen nicht gezeigt.

Das offizielle Belgrad dagegen wollte von diesen Angriffen nichts wissen. Das Informationszentrum der Milosevic-Regierung ließ verlauten, Serbien sei über Kämpfe im historischen Stadtzentrum nicht unterrichtet worden. Außerdem sei Serbien nicht im Krieg mit Kroatien, sondern die Bundesarmee. So wich die Informationssekretärin Bojana Adanovic auf Anfragen von Journalisten gestern aus. In anderen Sendungen des serbischen Fernsehens wurde jedoch bereits am Montag kein Hehl daraus gemacht, daß die serbische Regierung einen Angriff der Bundestruppen auf das Dubrovniker Zentrum nicht mehr ausschließe. In einer Rundtischdiskussion bedauerten mehrere serbische Politiker, daß die Unesco Dubrovnik unter die Kulturdenkmäler der Menschheit eingereiht habe und so ein Angriff der Altstadt nicht erlaubt werde. „So großzügig sind wir, wir sind halt ein Denkmalschutz-Staat“, erklärte ein General mit Namen Perovic im Fernsehen und blieb mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: „Die internationale Staatengemeinschaft unterstützt so das faschistische Kroatien.“ Denn es seien kroatische Nationalgardisten, die das Zentrum von Dubrovnik in einen Stützpunkt umgewandelt hätten, aus dem heraus „Serbien bedroht wird“. Der renommierte Schriftsteller Milan Komnenic konnte sich in der gleichen Fernsehsendung nicht verkneifen zu sagen: „Hätte Hitler in Dubrovnik Unterschlupf gesucht, wäre er jetzt unter Unesco-Schutz.“

Auch in der Region von Vukovar, Daruvar und Sisak lieferten sich die Konfliktparteien erbitterte Gefechte. Nach Radio Belgrad griffen die Kämpfe aber auch nach Bosnien und Montenegro über. In einzelnen bosnischen Gemeinden wie Zenica sei um Straße um Straße gekämpft worden.

Hinrichtungen von Serben in Kroatien?

In dem kroatischen Adriahafen Zadar ist es zu Massenhinrichtungen von Serben gekommen, berichtete die Belgrader Tageszeitung 'Vecernje Novosti‘ am Dienstag unter Berufung auf den Berater des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman, Milan Djukic. Djukic ist Vorsitzender der Serbischen Nationalpartei in Kroatien lebender Serben, die loyal zum kroatischen Staat stehen. Nach Angaben Djukics wurde in Zadar ein „Lager für Serben“ errichtet. Dort sei „eine gewisse Zahl von Serben“ getötet worden. In der kroatischen Stadt Gospic seien mehr als einhundert Serben gefangengenommen worden, von denen seitdem jede Spur fehle. In Kroatien leben 600.000 Serben.