Im Rambostil gegen RIAS

■ Wie die CDU Pressefreiheit versteht: Wohlrabe verlangte vom RIAS Rausschmiß, weil »sein« Film verrissen wurde

Berlin. Der ehemalige Parlamentspräsident Jürgen Wohlrabe (CDU) ist bekannt für seine kesse Lippe, »Übelkrähe« heißt er im Parlaments- Jargon. So richtig in Fahrt kommt der Mann erst, wenn ihm jemand widerspricht, sei es im Abgeordnetenhaus oder in seinem Beruf; Filmkaufmann. Da kann er ganz rabiat werden, der Chef des zweitgrößten Filmverleihs Deutschlands mit dem etwas irreführenden Titel »Jugendfilm- Verleih«.

Da ist er gnadenlos, wenn Kritiker es wagen an einem Film zu mäkeln, den er im Programm hat. Am liebsten wäre es Wohlrabe, wenn er die Rezensionen selber schreiben dürfte oder noch besser, Einfluß auf die Personalplanung der Sender oder Zeitungen hätte. Schwarze Schäfchen bekämen bei Unbotmäßigkeiten gleich Berufsverbot.

Das jüngste Beispiel: Da wagte es doch eine freie Mitarbeiterin von RIAS II den Film Hitlerjunge Salomon in einem Drei-Minuten-Beitrag für schlecht zu halten. Schon sauste das Wohlrabeische Damoklesschwert nieder auf den Sender. »Ihre Besprechung (...) ist schon ein starker Tobak!«, schrieb der Geschäftsmann am 31. Oktober an die Indendanz von RIAS II und forderte zu wissen, ob die Meinung der Rezensentin auch die des RIAS wäre.

Und falls nicht, schrieb Wohlrabe in bester Rambomanier, möchte er wissen, was der Sender »gegen derart unflätige und ungezogene Äußerungen unternehmen [wird] und ob Sie bereit sind, diese Mitarbeiterin weiterhin zu beschäftigen«.

»Selbstverständlich wird die Sendung keine negativen Folgen für die Autorin haben«, antwortete der RIAS-Indendant Drück in einem Schreiben am 4. November und bemühte gegen den CDU-Abgeordneten das Grundgesetz.

Artikel 5 garantiere die Meinungsfreiheit, wurde der Parlamentarier belehrt, »und bei der von Ihnen monierten Besprechung [...] handelt es sich um den Gebrauch dieser Freiheit als Individualrecht«. Im übrigen hätte die Autorin dadurch, daß sie die positive Meinungsäußerung von Herrn Galinski in O-Ton an den Schluß des Beitrags stelle »ein Maß an Fairneß und Korrektheit« bewiesen, der bei »Kommentaren eigentlich gar nicht vonnöten wäre«.

So endete dieser Versuch von Wohlrabe, Journalisten das Maul zu verbieten, in einer Rechtsbelehrung. Wohlrabe selber wird wohl keine Zeit haben, die Sache weiter zu verfolgen, denn ein neuer Höhepunkt in der Politikerkarriere scheint in Sicht zu sein. Der Demokrat mit dem hohen Adrenalinspiegel wird als Kandidat für das Geschäftsführeramt der Berliner Olympia GmbH gehandelt. Dem Vernehmen nach soll er künftig für die inneren Angelegenheiten der Bewerbergesellschaft zuständig sein. Der Aufsichtsrat der Olympia GmbH will Mitte Dezember eine Entscheidung fällen. aku