Jelzin kündigt Wirtschaftsrevolution an

■ Rußland soll für ausländische Investoren geöffnet werden/ Das Ende der Sondergenehmigungen?

Hamburg (afp) — Der russische Präsident Boris Jelzin will schon „in einigen Tagen“ ein „revolutionäres Dekret“ zur Außenwirtschaft unterschreiben, mit dem Rußland „sofort für ausländische Investoren“ geöffnet wird. In einem gestern vorab veröffentlichten Interview der 'Zeit‘ kündigte Jelzin an, auch für russische Unternehmer würden Schranken aufgehoben, „die jahrzehntelang heruntergelassen waren und unsere Außenwirtschaftsbeziehungen zerstörten“. Alle selbständigen Betriebe und Organisationen, die in Rußland registriert seien, erhielten das Recht auf eigene wirtschaftliche Tätigkeit. Sondergenehmigungen seien nicht mehr nötig. Bisher verbotene Vermittlergeschäfte im Außenhandel würden erlaubt. Auch alle Einschränkungen für Bartergeschäfte würden aufgehoben. Nur für subventionierte Waren sei eine Exportlizenz erforderlich.

Für Lebensmittel und Arzneien werde keine Importsteuer mehr erhoben, die anderen Importsteuern würden „drastisch gesenkt“, teilte Jelzin in dem Interview mit. Von 1992 an werde es nur noch zwei Wechselkurse geben, einen kommerziellen, „zu dem die Betriebe einen Teil ihrer Devisen-Einkommen an die Staatsbank verkaufen werden“, und einen freien Kurs, der von Angebot und Nachfrage bestimmt werde. „Allmählich wollen wir dann zu einem einheitlichen Rubelkurs übergehen“, sagte Jelzin. Das Wirtschaftsrecht für russische und ausländische Unternehmen auf dem „Territorium unser Republik wird einheitlich sein“, fügte er hinzu. Ausländer könnten überall investieren, „von wenigen geschlossenen Objekten abgesehen“.

Jelzin kommt von 21. bis 23. November auf Einladung von Bundeskanzler Helmut Kohl nach Deutschland. Sein Hauptziel sei, so Jelzin, einen direkten Dialog zwischen Rußland und Deutschland zu etablieren. Er wolle gern als ehrlicher Vermittler auftreten zwischen den deutschen und den russischen Geschäftskreisen. „Wir machen jetzt praktisch in allen Bereichen die schwierigsten Momente unserer Geschichte durch“, räumte er ein.