Foltervorwürfe gegen Großbritannien

Menschenrechtsorganisationen klagen vor UN-Ausschuß wegen Abschiebung und Mißhandlungen im Knast  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) — Vor dem UN-Ausschuß gegen Folter wurden gestern in Genf schwere Vorwürfe gegen die britische Regierung erhoben. Die Menschenrechtsorganisation „Charter 87“ erklärte, Großbritannien „ignoriert offenbar die Verpflichtung, Menschen in Gefahr zu schützen, auch wenn sie nicht als Flüchtlinge anerkannt werden“. Amnesty international beklagt Mißhandlungen an Gefangenen in Nordirland. „Charter 87“ bezog sich vor allem auf den Fall eines Flüchtlings aus Zaire, der seit seiner Ankunft vor 13 Monaten im Gefängnis sitzt. Als er am vergangenen Freitag in den Knast von Winchester verlegt wurde, um abgeschoben zu werden, trat er in den Hunger- und Durststreik. Der Afrikaner, dessen Name zu seinem eigenen Schutz geheimgehalten wird, erklärte, er sei in einem Gefängnis in Zaire als angeblicher „Rädelsführer bei einem politischen Streik“ gefoltert worden.

Die „Medizinische Stiftung zur Versorgung von Folteropfern“ bestätigte, daß die Verletzungen des Flüchtlings auf Hiebe mit einem metallbeschlagenen Gürtel und Ausdrücken von brennenden Zigaretten zurückzuführen seien. Außerdem gebe es Indizien dafür, daß der Mann sexuell gefoltert worden sei.

Dennoch hat das Innenministerium den Asylantrag abgelehnt, da der Mann nicht plausibel erklären konnte, wer die Gefängniswärter in Zaire bestochen und ihm zur Flucht nach Nigeria verholfen habe. Zwei weitere Flüchtlinge aus Zaire, die abgeschoben werden sollen, sind ebenfalls im Hungerstreik.

Auch ai äußerte in Genf scharfe Kritik an der britischen Regierung. Die Gefangenenhilfsorganisation warf der nordirischen Polizei vor, Untersuchungsgefangene im berüchtigten Verhörzentrum Castlereagh bei Belfast, das bereits in den 70er Jahren wiederholt im Kreuzfeuer der Kritik stand, schweren Mißhandlungen auszusetzen. Die Beschwerden haben sich seit dem Sommer drastisch erhöht. „Im Gegensatz zu internationalen Regeln wird den Untersuchungshäftlingen der sofortige Zugang zu Rechtsanwälten oder einem Richter sowie der Kontakt zu Verwandten verwehrt“, heißt es in dem ai-Bericht. Außerdem verstoße die Internierung von Gefangenen von bis zu 7 Tagen ohne Anklage gegen UN-Prinzipien. Es sei sehr besorgniserregend, daß die Anklage in 90 Prozent der Fälle, die dann vor ein Sondergericht ohne Geschworene kommen, einzig auf Geständnissen der Gefangenen beruhe.