Ampeldebatte

■ Roter Filz und grüner Fücks

AMPELDEBATTE

Roter Filz und grüner Fücks

Die taz-Bremen stellt täglich diesen Platz für Zwischenrufe zu den laufenden Ampelkoalitions-Verhandlungen zur Verfügung.

Unsere Freunde, die Grünen in der Bürgerschaft, erweisen sich einmal wieder und mehr als politisch unbedarfter Elferrat. Sie löffeln und stochern jetzt, anderthalb Monate nach der Wahl, in einem Süppchen, das sie sich lange vor dem 29. September eingebrockt hatten.

Schon damals war ihre zentrale Aussage für die Zeit nach der Wahl wenig politisch und äußerst harmlos. Sie bestand — Option statt Opposition — in der Farbentscheidung „Rot-Grün“: roter Filz und grüner Fücks. Damit hatten die Grünen, lange vor dem Wahlentscheid, ihr Verlöbnis mit der Bremer SPD bekundet — eine höchst einseitige Verbindung, wie sich jetzt zeigt, wie wir uns noch erinnern und woran Ilse Janz durch ihren Rücktritt nach der Wahl erinnert hat: Die Kröte sind die Grünen.

Die SPD-Duodezfürsten nämlich, allen voran ihr „lieber Klaus“, hatten — lange vor der Wahl — bereits mehr als ein Auge riskiert, um der FDP den Hof zu machen. Zumindest für den Fall, daß es wider Erwarten doch nicht klappen sollte, die satte oder knappsatte sozialdemokratische Single-Mehrheit im 100-Personen-Parlament des überflüssigsten „kleinsten Bundeslandes“ weiter auszusitzen.

Es kam dann zu dem — wie alle behaupteten — unerwarteten Ergebnis: Die Verluste der SPD erreichten ein solches Ausmaß, daß selbst die Mitgift der Parlamentssitze der FDP nicht genügte, um die von Wedemeier ersehnte Koalition „mit Kaufmannschaft und Wirtschaft“ zu zimmern.

Was aber machen unsere Freunde, die Grünen? Statt ihre inzwischen geschwächte Angebetete, die geliebte SPD in schwerer Havarie, zu bewegen (Wahlmotto der Grünen: „Bremen braucht Bewegung“), von der FDP abzulassen, statt mit Gelassenheit abzuwarten, was sich in der SPD bewegt, wohin sich die SPD bewegt und welches Koalitionsangebot die SPD ihnen unterbreitet, stürzen die Grünen sich blind und ergebenst auf das dürftige Angebot zu lähmenden koalitionären Dreiermauscheleien unter der Regie des angeschlagenen „lieben Klaus“. Der wiederentdeckt und reklamiert — statt endlich das Handtuch zu werfen — für sich und seine Riege das „Soziale“. Und er hängt für die Grünen den kleinen Wimpel des „Ökologischen“ heraus, welches sich mit der „Wirtschaft“ zu arrangieren habe. Die Grünen finden das mehrheitlich auch noch o.k.

Ist das noch Realpolitik? Oder ist das schon Karneval? Die Grünen pokern nicht, sie schleimen. Realpolitisch und verantwortlich zu handeln, hätte bedeutet, eine Neubesinnung des Verlierers der Wahl, nämlich der Bremer SPD und ihres Spitzenkandidaten, zu fordern. Es hätte bedeutet, in dem nach der Wahl erfolgten Rückzug von Ilse Janz vom SPD-Landesvorsitz — Frau Janz war vor der Wahl eine der wenigen Befürworterinnen des rot-grünen Bündnisses in der SPD — den Skandal zu erkennen, den dieser Abgang darstellte. Es hätte bedeutet, die SPD „kommen“ zu lassen — zu sich selbst und zu der Partei, mit der zu koalieren sie sich entschieden hat. Hätte bedeutet, die FDP nicht als Dritte in einem Bunde zuzulassen, in dem sie numerisch überflüssig ist wie der sprichwörtliche Kropf. Hätte bedeutet, für das „Ökologische“ einzustehen und auch für das „Soziale“, das für die Bremer SPD nun wahrhaftig zum Alibi verkommen, aber nicht ihr Programm ist.

Aber nein, unsere Freunde, die Grünen, begnügen sich mit dem ökologischen Wimpel. Sie erfreuen sich des Umstands, hinzugezogen zu werden zum Deal. Offensichtlich wollen sie nicht, daß sich Bremen oder in Bremen etwas bewegt, sondern sie wollen Posten. Menschlich ist das — angeblich — verständlich (ebenso wie Dummheit angeblich menschlich ist), politisch aber töricht. Rudolph Bauer

Der Autor war Spitzenkandidat der „Grauen“ bei der letzten Bürgerschaftswahl

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