Bei Hempels unterm Sofa

■ „Die Erbschaft“, Mittwoch, ARD, 20.15 Uhr

Wer kennt sie nicht, die kleinen Bildgeschichten von Vater und Sohn, dieser mit wildem Wuschelkopf, jener mit schwerem Walroßschnauzer. Ihr Schöpfer, ein Erich Ohser aus Plauen, ist bis heute ein unbekannter Mann. Nach einer Denunziation beging er 1944 in Gestapo- Haft Selbstmord. Um diesen Fall hat Bertram von Boxberg eine erfundene Familiengeschichte drapiert, die die beliebte deutsche Vergangenheitsbewältigung im Generationenkonflikt abwickelt.

Bei der Renovierung der Berliner Vorortvilla finden die Maler unter der Tapete plauen-Originale. Netter Einfall, daß mal nicht die Leiche im Keller als auslösendes Moment der Geschichte dient.

Alle sind mit Feuereifer dabei, eine Gedenkausstellung zu inszenieren, nur Opa will nicht so recht. Bei genauerem Hinsehen findet die Familie heraus, daß der gute alte Opa der Denunziant war, der plauen in Haft brachte.

„Ich mußte die Meldung machen“, beteuert Opa leise, „was hätte ich denn tun sollen?“ Nach langen innerfamiliären Verwicklungen bekennt man sich zu Opa, auch wenn er ein Feigling war, und eröffnet die Ausstellung, die natürlich ein großer Erfolg wird. Zuguter Letzt aber findet sich noch ein Dokument, das die ganze elende Geschichte endgültig aufhellt. Die ganze Villa gehörte plauen, und Opa ist damals zur Polizei gerannt nicht des bösen Terrorsystems wegen, sondern um das Häuschen billig erwerben zu können. So häßlich ist die Wahrheit. So betulich der Film, der mit Müh' und Not auf seine neunzig Minuten kommt und dabei das kleine Kunststück fertigbringt, keine näheren Einzelheiten zu e.o. plauen mitzuteilen.

Die Erschütterungen der familiären Vergangenheitsbewältigung in der schicken Villa sind derart mitreißend, daß das Opfer plauen abermals geopfert werden muß. Ein simpler Dokumentarfilm, wie langweilig und belehrend auch immer, hätte dem Zeichner mehr Ehre angetan. Vielleicht beim nächsten Mal. Die Deutschen haben noch genug Leichen im Keller. Olga O'Groschen