Serben stellen harte Bedingungen an Carrington

Verteidigungsminister Kadijevic sieht UN-Truppen als Schützer für serbische Minderheit in Kroatien an/ Noch keine Einigung konnte in bezug auf den Ort der Stationierung getroffen werden: Serben wollen Frontlinie, Kroaten die Republikgrenze  ■ Aus Budapest Roland Hofwiler

Ein Einsatz von UN-Friedenstruppen in Jugoslawien sollte nach Auffassung des jugoslawischen Verteidigungsministers Veljko Kadijevic in erster Linie dazu dienen, die serbische Bevölkerung in Kroatien zu schützen. Kadijevic, der am Donnerstag vormittag in Belgrad mit dem Vorsitzenden der EG-Friedenskonferenz, Lord Peter Carrington, zusammentraf, verlangte, die UN- Truppen sollten die Konfliktparteien im Kampfgebiet trennen und eine politische Regelung ermöglichen. Carrington sagte nach der Unterredung vor Journalisten, es gebe noch einige „Unklarheiten“ über die Modalitäten der Intervention internationaler Truppen. Einzelheiten über diese „Unklarheiten“ wollte der frühere britische Außenminister nicht nennen. Über die Aufgabe der internationalen Truppen hatten die Führungen Kroatiens und Serbiens bereits vor Beginn von Carringtons Sondierungsmission deutlich verschiedene Auffassungen geäußert. Während das serbisch dominierte Staatspräsidium die Einrichtung einer Pufferzone zwischen kroatischen Truppen und der Bundesarmee innerhalb Kroatiens forderte, besteht Zagreb darauf, die Truppen an der Grenze der Republiken zu stationieren.

Carrington begrüßte nach seiner Unterredung mit dem Verteidigungsminister, daß alle Konfliktparteien — Serben, Kroaten und Bundesarmee — der Entsendung einer internationalen Friedenstruppe zugestimmt hätten. „Noch immer geht es nur um die Ausarbeitung eines neuen Waffenstillstandes, nach zwölf gebrochenen kann man nicht mehr sehr optimistisch sein.“ Bisher sei auf Seiten aller Konfliktparteien nur die Bereitschaft verhanden, Blauhelme ins Land zu holen, die einen Waffenstillstand überwachen sollten. Aber vorerst gehe es darum, einen Waffenstillstand wirklich wirksam durchzusetzen. Auf Fragen der Reporter, wo denn nun genau die UNO- Truppen stationiert werden sollten, wich der Lord aus. Das seien sogenannte „Grauzonen“ über die man derzeit noch gar nicht verhandeln könne.

In der gestrigen Ausgabe der serbischen Regierungszeitung 'Politika‘ wurde auf der Titelseite eine große Landkarte abgedruckt, wie man sich den zukünftigen Grenzverlauf zwischen Serbien und Kroatien vorstellt. Bei näherer Betrachtung fallen sogar noch einzelne Gebiete an das neue „Großserbien“, die bisher noch gar nicht in das Kampfgeschehen einbezogen waren. Wie kaum anders zu erwarten, sind nach diesen Vorstellungen Dubrovnik und Vukovar neue serbische Zentren, die UNO-Blauhelme kontrollieren einige Kilometer weiter nördlich die neue Grenze zwischen Kroatien und Serbien. Warum gerade gestern die 'Politika‘ als Sprachrohr Milosevics mit dieser Provokation aufwartete, darüber kann vorerst nur gerätselt werden. Aus Zagreb fehlte jedenfalls eine offizielle Verlautbarung zu dieser Landkarte und zu ähnlichen Belgrader Presseberichten, in denen seit Tagen die „Ausrufung eines historischen Serbiens“ propagiert wird. Ein lokaler Radiosender Zagrebs, 'Radio Slijeme‘ bemerkte jedoch, man könne sich nicht vorstellen, daß die internationale Staatengemeinschaft ein solches Großserbien, wie in der 'Politika‘ abgebildet, anerkennen werde, das ja einzig aufgrund militärischer Aggression entstanden sei.

Eine „Grauzone“ ist unter anderem auch die Republik Bosnien, in der Serben, Kroaten und Muslimanen bunt zusammengewürfelt leben und keine der Volksgruppen nirgendwo die Bevölkerungsmehrheit stellt, sondern immer nur eine relative Mehrheit. Auch dorthin reiste Carrington, um mit dem Präsidenten der Republik Alija Izetbegovic die Lage zu erörtern, wie es offiziell hieß. Was jedoch genau besprochen wurde, ist bisher nicht bekannt.

Auch gestern wieder griff der kroatische Krieg bei Novska und Gradiska zeitweilig auf bosnisches Territorium über. Schwere Kämpfe und kein Anzeichen einer politischen Verständigung beherrschten auch gestern das ostslawonische Dreieck Osijek, Vinkovci und Vukovar. Nur in Dubrovnik sollen die Waffen geschwiegen haben. Doch auch in der Hafenstadt war die Bundesmarine gestern nicht bereit, ihre Seeblockade so zu lockern, daß alle Zivilpersonen aus der seit Wochen umzingelten Stadt hätten ausreisen können.