Jenseits von Markt und Staat

■ Betr.: „Arm, aber gerecht?“ — taz-bremen vom 11.11.91

Ich empfinde es als reichlich borniert, wenn Behördenvertreter Kulturinitiativen zur Eigenwirtschaftlichkeit mahnen. Das klingt mißverständlich so, als ob sich der öffentliche Dienst selbst trägt. Wenn Holger Ehmke ausgerechnet von der Warte der Bundeszentrale für politische Bildung plädiert, „Eine Gesellschaft, die kulturell keine Langeweile, sondern Vielfalt wolle, müsse dafür zahlen“, zeigt das einmal mehr, daß ein Argument im Wortlaut richtig, in der Absicht indes fragwürdig sein kann.

Auch wenn es in der gegenwärtigen Umbruchsituation vereinzelt leichter geworden sein mag, öffentliche Mittel zu erhalten, bleibt es notwendig, sich gegen Umarmungstaktiken zu wehren, um sich nicht zu verstiefkindlichen. Freies Theater muß sich weiterhin jenseits von Markt und Staat vollziehen können. Der Name ist Programm.

Andre Beßler, Bremen