»Wir können uns Big Terror nicht leisten«

■ Ein Freund: Ausgerechnet Mete mußte es treffen/ Heute um 13 Uhr Trauermarsch für den getöteten Mete Eksi zum Rathaus Schöneberg/ John appelliert an die Jugendlichen, keine Waffen zu tragen

»Als ich gehört habe, daß Mete tot ist, habe ich zu Hause geweint. Ich kann es immer noch nicht fassen.« Der 18jährige türkische Schüler, der zusammen mit einem Freund im Cafe Alibi in der Oranienstraße Zeitung liest, macht keinen Hehl aus seinen Gefühlen. Seinen Namen möchte der junge Mann, der sich als guten Freund von Mete bezeichnet, nicht nennen. »Mete war ein ganz ruhiger intelligenter Typ. Es gibt türkische Jugendliche, die schlagen sich jeden Tag und denen passiert nichts, und so einen wie Mete trifft es«, bricht es aus dem Schüler heraus.

Die türkischen Jugendlichen in Kreuzberg hätten auf die Nachricht von Metes Tod sehr unterschiedlich reagiert. »Alle sind sehr traurig und viele auch wütend.« Der Schüler befürchtet, daß vor allem die jüngeren, die 16- und 17jährigen, jetzt glaubten, Mete »rächen« zu müssen, indem sie »denen auch die Schnauze einschlagen«. Die älteren, wie er, wollten »das zwar auch auf irgendeine Art, aber wir wissen, daß Rache und Haß nichts bringt«. Denn dadurch »kommt Mete ja auch nicht wieder zu uns zurück«. Der Schüler hofft inständig, daß die Jugendlichen am Samstag zum Schweigemarsch gehen, statt sich zu unüberlegten Aktionen hinreißen zu lassen. »Wir können uns ja auch gar nicht leisten, auf der Straße Big Terror zu machen, weil uns die Polizei gleich abgreift und wir damit rechnen müssen, abgeschoben zu werden. Dabei sind die meisten hier aufgewachsen.« Daß die Skinheads solche Angst nicht zu haben bräuchten, »ist doch einfach nicht gerecht«. Früher, trauert der Schüler der Mauer nach, »war es hier so schön, aber das haben wir damals gar nicht richtig wahrgenommen«. Am schlimmsten, sagt er, sei das Gefühl, »daß uns die Polizei nicht schützt und wir keinen Politiker haben, an den wir uns wenden können«.

Die Ausländerbeauftragte John appellierte gestern an alle Berliner Jugendlichen, »gerade angesichts des sinnlosen Todes« von Mete Eksi »Konfrontationen um jeden Preis zu meiden, und auf keinen Fall Waffen bei sich zu tragen«. Mete sei das fünfte Opfer gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen männlichen Jugendlichen in den letzten zwei Jahren in Berlin geworden. Sein Tod sei »nur möglich geworden, weil die beteiligten Gruppen oder Einzelpersonen Waffen bei sich trugen«.

Heute um 13 Uhr ruft der türkische Elternverein zu einem Schweigemarsch für Mete sowie gegen Ausländerfeindlichkeit auf. Er soll vom Tatort am Adenauerplatz zum Rathaus Schöneberg führen. Dem Aufruf haben sich das Büro SOS Rassimus, Bündnis 90/Grüne, PDS, der Landeselternausschuß, einige SPD- und CDU-Abgeordnete sowie das Kreuzberger Bezirksamt angeschlossen. Der Kreuzberger Volksbildungsstadtrat Jordan forderte die Kreuzberger LehrerInnen auf, sich an dem Trauermarsch zu beteiligen. plu