Ampel ringt um Vertrauen und politisches Verständnis

■ Verhandlungen: Cuxhaven brachte keinen Durchbruch, aber Fortschritte

Die Verhandlungen standen zwar mehrmals am Rande des Abbruchs, doch einen Tag nach der Rückkehr der Verhandlungskommission aus Cuxhaven waren die Beteigten dann doch nicht mehr so pessimistisch. „Für mich hat das was gebracht“, meinte beispielsweise der FDP-Verhandlungsführer Claus Jäger der am Freitag versucht hatte, in der „Elefantenrunde“ mit Ralf Fücks und Klaus Wedemeier bis weit in den Samstag morgen die diversen Knoten zu durchschlagen. Dies ist in einigen Streitfragen gelungen, doch für Jäger waren die drei Tage von Cuxhaven auch aus einem anderen Grunde wichtig: „Man muß das auch mal erlebt haben, um zu wissen: Kann man mit diesen Leuten regieren?“

Erschwert wurden die Verhandlungen erheblich durch den Druck, den die jeweiligen Lobbygruppen auf ihre Parteien ausüben. Am deutlichsten wird dies bei dem Streit um den Containerterminal III in Bremerhaven und die Vertiefung der Außenweser: Während die wirtschaftsnahen FDP-Vertreter knallhart formuliert wissen wollen, daß die Weservertiefung ein politisches Ziel der Ampel ist, stehen die Grünen unter dem Druck von Umweltverbänden, die ihnen bereits Verrat vorwerfen. Was bleibt sind Formelkompromisse, an denen man nach Cuxhaven ganz nah dran ist.

Auch in der Schulpolitik zeichnet sich ein Kompromiß ab. Zwar wandte sich Claus Jäger gestern noch einmal gegen „Verneblungstaktik“ der SPD und forderte: „Die SPD muß sagen: –Das war der Preis für die Wahlniederlage.–“ Doch in einem wesentlichen Punkt des Schulstreites zeichnet sich eine Vertagung der Diskussion ab. Zwar will die SPD mit Ausnahmeregelungen zwei neue Gymnasien zulassen, doch über den Paragraphen 3 des Schulgesetzes, der die integrative Stufenschule schützt, soll erst eine Reformkommission in der kommenden Legislaturperiode entscheiden.

Es scheint möglich, daß am Dienstag in den Arbeitsgruppen und am Donnerstag in großer Runde die Sachdiskussionen abgeschlossen werden können. Aber dann kommt die letzte große Hürde, wenn die verabredete Politik „durch das Nadelöhr der Finanzen“ muß, wie Jäger formulierte. „Wenn dann jede Partei sagt: –Mein Projekt ist wichtiger als Deins“, dann geht das nicht“, meinte Jäger, dem „Genauigkeit vor Zeitzwängen“ kommt. Deshalb ist er sich auch nicht sicher, daß die neue Landesregierung wie vorgesehen am 11. Dezember gewählt werden kann.“

Zweifel treiben auch die Grünen um. „Man weiß in der momentanen Phase nicht so ganz genau, was Krise und was Show ist“, beschrieb einer aus der Verhandlungskommission die Schwierigkeit hinter der Taktik noch die Politik zu erkennen. So wird denn auch in den Reihen der Grünen bedauert, daß es momentan mehr um Halbsätze als um „ein gemeinsames Projekt“ geht. Auch in den Grünen wird die momentane Phase als ein „Ringen um eine Vertrauensbasis und politisches Verständnis eingeschätzt.“ Doch das zähe Verhandeln hat inzwischen auch eindeutige Ampelbefürworter wie den Fraktionssprecher Martin Thomas etwas zermürbt. „Ich kann mit immer noch vorstellen, daß das zustande kommt. Aber wenn schon die Verhandlungen so mühevoll sind, wie soll dann das Regieren sein?“, so seine bange Frage gestern.

Mit aller Macht kämpft derweil Bürgermeister Klaus Wedemeier um die Ampel und damit um seine politische Zukunft. Nachdem der Abbruch der Verhandlungen mehrmals nur knapp vermieden werden konnte, war Wedemeierdann doch noch zufrieden. Sein Fazit in Cuxhaven: Das kriegen wir hin. hbk