Nur 3% Künstlerinnen dabei

■ Gespräch mit dem Chef des Neuen Museums Weserburg, Dr. Thomas Deecke

„Bremen ist nicht auf der Höhe der Zeit. Im Neuen Museum Weserburg sind nur 6 Künstlerinnen vertreten, das ergibt 3 Prozent und spiegelt in keiner Weise die Präsenz renommierter Künstlerinnen wider. Ein Museum hat eine öffentliche Aufgabe und sollte sich nicht vollständig der Auswahl ignoranter Sammler, die durch männlich orientierte Seilschaften geprägt ist, unterwerfen.“ Diese Kritik schrieben der Bremer Verband Bildender Künstlerinnen & Künstler (BBK) und die Bremer Angestelltenkammer an den Leiter des Weserburg- Museums, Thomas Deecke.

taz: Nur 6 Künstlerinnen im Neuen Museum Weserburg...

Dr. Thomas Deecke: Ach, das Erbsenzähler-Schreiben! Es stimmt nicht, daß es nur 6 sind, aber es sind nicht viel mehr, zugegeben. Wir sind ein Sammlermuseum! Und die Sammler haben Kunst gesammelt. Und bedauerlicherweise sind bei der Kunst wenig Künstlerinnen vertreten.

Der Herr Grothe hat die wunderbare Arbeit von Hanne Darboven gekauft, nicht weil sie eine Frau ist, sondern weil Darboven eine gute Künstlerin ist — im Sinne von guter Künstler, geschlechtsneutral. Sie Sammler haben Kunst gekauft, die sie für gut hielten, nicht aus male-chauvinistischen Gründen, und die ist im wesentlichen von Männern gemacht.

Sie selbst entscheiden über die Käufe, die das Museum tätigt.

Das Museum hat bescheidene Mittel und kauft davon Kunst, darüber befinde ich. Ich werde nicht unter dem Gesichtspunkt kaufen, ob das von Frau oder Mann ist. Das ist für mich vollkommen unwichtig.

Gibt es nicht mehr als 3 Prozent gute Künstlerinnen auf der Welt?

Natürlich gibt es mehr als 3 Prozent! Man kann nur hoffen, daß der eine oder andere Sammler auch mal eine Arbeit von einer Künstlerin kauft — aber nicht, weil es von einer Künstlerin ist. Es gibt keinen Bonus. Das ist hart, aber es ist so.

Dem Protestschreiben liegt eine Liste mit den Namen von 74 international renommierten Künstlerinnen bei: Bremen, so der Vorwurf, habe sich mit seiner Ignoranz meilenweit entfernt vom internationalen Kunstgeschehen.

Ich glaube nicht, daß das internationale Kunstgeschehen durch Quotenregelung gelöst wird. Ich selbst hab ein gutes Gewissen, weil bei meiner Ausstellungstätigkeit immer gute Künstlerinnen dabei waren. Ich habe Rebeca Horn ausgestellt, weil sie in Deutschland einer der wichtigsten Künster/innen ist. Ich träume davon, eine ihrer Arbeiten zu kaufen, aber nicht, um den Prozentsatz der Frauenkunst zu vergrößern.

Ist das zwischen Ihnen und den Sammlern überhaupt ein Thema?

Nein. Nein. — Nicht, weil sie Chauvinisten sind. Sondern wir haben ja auch Joe Baer dabei aus der Sammlung Dobermann, das haben die Damen vielleicht nicht so gemerkt, weil Joe auch ein Männername ist...

Sie fassen also nicht, wie von ihnen gefordert wird, eine „relativierende Ankauf- und Austellungskonzeption“ ins Auge?

Nein, das finde ich auch diskriminierend für Künstlerinnen.

Sie sollen ja nicht schlechtere weibliche Kunst kaufen! Sondern aus den guten, den sehr guten Kunstwerken bewußt welche von Frauen auszusuchen, um das Ganze ins rechte Lot zu rücken.

Ich werde natürlich, dadurch angeregt, mein Auge noch schärfer auf die Kunst von Künstlerinnen werfen. Aber letzlich kann das nicht entscheidend sein. Ich mach jetzt mal den Scherz: In der Ausstellung des Fotforums sind höchstens drei Prozent Männer! Ich fordere die männliche Aktfotografie! Fragen: S.P.