taz Bremen ist auch noch da, und wie!

■ Die Mutter-taz wird umgekrempelt — und was heißt das für die taz Bremen?

Hach, ganz warm ums Herz konnte einer werden, als sich in den letzten Tagen und Wochen die taz-LeserInnen sorgten: „Was ist mit Euch? Geht die taz kaputt? Ihr schafft es doch?“ Jetzt, wo die Kuh ziemlich vom Eis ist, können wir es ja verraten: Es gab tatsächlich kurze, ziemlich bange Momente, in denen einige in der Berliner Zentrale auf den naheliegenden Gedanken kamen, die dringend nötigen Einsparungen da abzuzwacken, wo der Tatort weit entfernt liegt: in den Hamburger — und Bremer Lokalteilen, denn kein Verlag sonst leistet sich drei Lokalausgaben. Aber nur ganz kurz! Dann setzte sich die verlegerische und redaktionelle Vernunft wie folgt durch: Erstens zeigt die Statistik, daß Norddeutschland eindeutiger Auflagen-Spitzenreiter im Bundesgebiet ist. Zweitens hat ausgerechnet die kleine taz Bremen, jüngstes Kind im Konzern, die sogenannte größte Reichweite: die meisten Abos pro hundert EinwohnerInnen. Das hörten wir gern!

In Berlin wurden am Wochenende mit der Losung „Alle raus zum 1. Januar“ sämtliche MitarbeiterInnen in Verwaltung, Redaktion und Technik vorsorglich gekündigt. Vom gewählten Vorstand. Denn jede einzelne im In- und Ausland soll sich nun klarwerden, ob sie in der neuen taz — ohne Einheitslohn, mit neuen Hierarchie-Ebenen — arbeiten will. Selbst gekündigt hat sich übrigens auch der Bremer taz-Redakteur Klaus Wolschner, der als „Bremer Korrespondent“ als einziger von uns BremerInnen aus Berlin bezahlt wurde. Er sitzt nämlich, wenn er nicht gerade in Bremen Artikel schreibt, im neuen Berliner Übergangs-Vorstand, bis die Genossenschaft juristisch gegründet ist und sich einen eigenen Vorstand gewählt hat.

Die Bremer Lokal-Redaktion ist aber eine eigene, unabhängige Firma. Wir haben solche Kündigungen nicht ausgesprochen. Wir haben es ja mit nur 25 MitarbeiterInnen (plus 25 AusträgerInnen) auch viel leichter, Redaktions- und Unternehmensfragen zu entscheiden. Und hatten schon längst ein 5er-Team aus allen Abteilungen gewählt, das arbeits- und zeitsparend Entscheidungsvorlagen ausarbeitet.

Die taz ist eine komische Firma. Als sie vor 13 Jahren gegründet wurde, gaben ihr viele keinen Monat, ökonomisch zu

Karikatur

Kuh

überleben, der kleinen taz-Bremen vor fünf Jahren erst recht nicht. Jetzt wird die Mutter-taz verkauft — an eine Genossenschaft, damit sie in unserem Besitz bleibt und im Besitz der LeserInnen, die sich Einlagen zwischen 1.000 und 50.000 Mark kaufen können. Daß es uns in Bremen überhaupt und immer noch gibt, verdanken wir erstens den unvergleichlichen Bremer GesellschafterInnen, die uns mehrfach! Bares von ihrem Konto in die Hand gedrückt haben, damit es uns geben und weitergeben soll. Bis wir endlich schwarze Zahlen schrieben. Und den LeserInnen, die unser Produkt kaufen und uns mit Kritik und Tips auf viele Sprünge helfen. Und einem

Durchbruch auf dem Anzeigenmarkt, der die taz endlich ernst nimmt.

In den nächsten Wochen und Monaten wird die Gesamt-taz gründlich saniert. Jede überflüssige Ausgaben-Mark soll aufgestöbert werden. Auch die Lokalteile werden nicht ungeschoren aus der Sparrunde herauskommen. Wir verhandeln mit der Mutter-taz, die uns täglich ihren Mantel verkauft, die auch für Bremen die Abo-Verwaltung macht und Vertrieb und Druck organisiert, über neue Geschäftsgrundlagen. Zusammen mit unseren Stillen GesellschafterInnen werden wir am Donnerstag abend beraten, wie wir weiter vorankommen. Susanne Paas