Zum Fall "Katharina"-betr.: "Wir waren Spielball der Chemo-Ärzte" (in taz-Berlin: "Auf der Flucht vor den Chemo-Ärzten"), taz vom 12.11.91

betr.: „Wir waren Spielball der Chemo-Ärzte“ (in Berlin: „Auf der FLucht vor den Chemo-Ärzten“, taz vom 12.11.91

Wir wenden uns entschieden und voll Empörung gegen die von Teilen der Medien geführte Kampagne gegen die krebsbehandelnde Ärzteschaft.

Es ist unglaublich, wie manche Redakteure kritiklos und einseitig die Meinung eines Elternpaares zu der ihren machen. Es ist unglaublich, wie leichtfertig die Ärzte und auch wir Eltern zu Mördern und Mittätern abgestempelt werden, obwohl nachweislich die Chemotherapie die besten Heilungschancen bietet, die es zur Zeit gibt. Was ist denn schlimmer: die wieder abklingenden Nebenwirkungen der Chemotherapie oder der Tod des Kindes?

Das Schlechteste an dem ganzen Wirbel ist neben der verständlichen Frustration der Ärzte und Schwestern, daß viele jetzt schon betroffene und vor allem auch die künftig betroffenen Eltern in höchstem Maße verunsichert werden. Genau das ist das letzte, was wir in dieser schrecklichen Grenzsituation brauchen können.

Wir stellen deshalb fest: Nicht die Ärzte sind schuld, daß die Kinder an dieser furchtbaren Krankheit erkrankt sind. Aber die Ärzte und Schwestern und das gesamte übrige Personal der Kinderklinik Tübingen tun alles Menschenmögliche, und zwar mit weltweit anerkannten Methoden, um den Kindern zu helfen und sie zu heilen, und das mit einer Hingabe und Einsatzbereitschaft, die beispiellos ist. Deshalb haben sie unser vollstes Vertrauen. Ulrich Schaub und 16 weitere Eltern, Weingarten

[...] Die Geschichte der Katharina Scharpf ist es sicherlich wert, in der Zeitung erörtert zu werden. Aber muß das in so einem dümmlich-polemischen Stil ablaufen? Auch wenn die Aberkennung des Sorgerechts eine höchst fragwürdige Entscheidung ist und Chemotherapie unbestritten eine Tortur für die Patientin und ihre Eltern darstellt, gibt es doch für den Standpunkt der „Chemo- Ärzte“ höchst ernstzunehmende Argumente. Und die sind nicht nur mir, sondern hoffentlich auch Euch bekannt. [...] Michaela Mucke, Köln

Die groß angekündigte Reportage über Chemotherapie hat mich ernsthaft interessiert. Um so betroffener war ich, als ich versuchte, dem entsprechenden Artikel Informationen zu entlocken. Ich gab schnell auf: Wollt Ihr mich verhohnepiepeln? Die treusorgende Mutter, ständig hin- und hergerissen zwischen mütterlicher Fürsorge, Telefon und Verständnis für den Ehemann? Hat da jemand seinen Dr. 'Bild‘ habil. versucht? [...] Martina Tiger,

Frankfurt am Main

Nicht zu fassen, mit welcher Ignoranz die taz über die leukämiekranke Katharina berichtet. Wenn die Eltern eines krebskranken Kindes Mißtrauen gegenüber der Schulmedizin haben, ist das natürlich ihr gutes Recht. Wenn sie ihre eigene Behandlung ablehnen, ist das ebenfalls selbstverständlich. Aber Eltern haben nicht die freie Verfügungsgewalt über ihre Kinder. In diesem Fall geht es tatsächlich um Leben oder Tod, und nur dank der Chemotherapie ist die Prognose der Leukämie im Kindesalter so gut.

Daß die Einbeziehung gerade der Eltern krebskranker Kinder in die Therapie in jeder deutschen Kinderklinik ein Grundpfeiler der Behandlung ist, wird der Elternverband leukämiekranker Kinder bestätigen. Meines Wissens hat sich gerade die Kinderklinik Tübingen hierbei besonders hervorgetan. Wo bleibt die umfassende Information der Taz-Leser, wenn seitens des Autors weder die behandelnden Ärzte noch der Elternverein leukämiekranker Kinder befragt werden. [...] Michael Kleppe, Bremen