Freiheit für Waite und Sutherland

■ Libanesische Entführer kündigten die Freilassung der beiden Geiseln an/ Gespräche mit UN-Vertretern offenbar erfolgreich/ Waite wurde verschleppt, als er im Libanon vermittelte

Beirut (afp/dpa/taz) — Die libanesische Untergrundorganisation Islamischer Heiliger Krieg (Dschihad) hat am Montag angekündigt, die britische Geisel Terry Waite und den US-Bürger Thomas Sutherland freizulassen. Am Nachmittag meldete der arabische Dienst der britischen Rundfunkanstalt BBC, die beiden befänden sich bereits auf freiem Fuß.

Aus einem Schreiben der Gruppe ging zunächst nicht klar hervor, ob die beiden Geiseln bereits freigelassen wurden oder ob ihre Freilassung noch bevorstand. „Wir kündigen heute die Freilassung von 1. Terry Waite , 2. Thomas Sutherland an“, hieß es in dem Kommuniqué der Untergrundorganisation, das am Montag morgen im Büro einer internationalen Nachrichtenagentur in Beirut einging. Die Entscheidung sei getroffen worden, „um zu vervollständigen, was wir mit UN-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar begonnen haben“. Dem Schreiben war ein Schwarzweißfoto von Terry Anderson beigelegt, dem zweiten US- Amerikaner, der vom Islamischen Heiligen Krieg festgehalten wird.

Der 52jährige Terry Waite, Sondergesandter des Erzbischofs von Canterbury, verschwand am 20. Januar 1987 in Beirut während einer Vermittlungsmission zur Freilassung der westlichen Geiseln. Zu seiner Entführung hatte sich bislang niemand bekannt. Der 60jährige Thomas Sutherland, Dekan der landwirtschaftlichen Fakultät der Amerikanischen Universität in Beirut, wurde am 9. Juni 1985 verschleppt.

Die Freilassung der beiden Geiseln zeigt, daß die Bemühungen um ein Ende dieses finsteren Kapitels in die Schlußphase getreten sind. Sutherland und Waite, besonders aber letzterer, gehören in der Logik der Kidnapper zu den „wertvolleren“ Geiseln. Es war immer damit gerechnet worden, daß Waite oder auch Anderson als „Trumpfkarte“ am längsten in der Gewalt ihrer Entführer bleiben. Auch die andere Seite, Israel, hat ihre „wertvollste“ Geisel bisher nicht auf freien Fuß gesetzt. Dabei handelt es sich um Scheikh Abdel Karim Obeid, der am 28.7.89 im Südlibanon verschleppt wurde.

Die regierungsnahe iranische 'Teheran Times‘ hatte am Sonntag berichtet, es stehe die Freilassung einer britischen und einer amerikanischen Geisel „aus humanitären Gründen“ bevor. Daraufhin hatte die britische Regierung am Montag ein Flugzeug nach Zypern entsandt. Der libanesische Außenminister Fares Bueis unterrichtete gestern nachmittag den iranischen Geschäftsträger in Beirut, Hamajun Alisada, über „die Entscheidung zur Freilassung“ zweier Geiseln. „Die doppelte Freilassung ist das Ergebnis einer weisen und humanitären Politik, und wir hoffen, daß sie den Weg freimachen wird für die Freilassung aller Geiseln in sehr naher Zukunft“, kommentierte Bueis die gute Nachricht.

Terry Waite ist der letzte Brite, der sich in der Gewalt von libanesischen Untergrundorganisationen befindet. Nach der Freilassung Waites und Sutherlands befinden sich nun noch fünf westliche Ausländer in der Gewalt von Geiselnehmern. Es sind zwei Deutsche und drei Amerikaner. Bei den Deutschen handelt es sich um den 31jährigen Thomas Kemptner und den 49 Jahre alten Heinrich Strübig, beide Mitarbeiter der privaten deutschen Hilfsorganisation Asme Humanitas. Die festgehaltenen Amerikaner sind neben Terry Anderson Joseph Cicippio und Alan Steen. Anderson, geboren 1947, ist Journalist der Nachrichtenagentur 'Associated Press‘ und wurde am 16. März 1985 von der Gruppe „Islamischer Heiliger Krieg“ entführt.