Jetzt gehen auch die Ärzte auf die Straße

■ Rund 300 niedergelassene Kassenärzte demonstrierten gestern für bessere Honorierung

Zehlendorf. Etwa 300 niedergelassene Ärztinnen haben gestern vor dem Seminargebäude der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für eine bessere Honorierung ihrer Leistungen demonstriert. Während in dem Gebäude an der Hubertusallee die Landesvorsitzenden der Vereinigung die neueste Bundesempfehlungsvereinbarung zur Vergütung ärztlicher Leistungen diskutierten, machten die Ärzte draußen ihrem Ärger über diesen Entwurf Luft.

20 bis 30 Prozent weniger als ihre westdeutschen KollegInnen erhielten die Berliner ÄrztInnen nach dem Punktesystem der AOK, erläuterte Hans-Georg Fritz, Schriftführer der Berliner KV. »Die einzelne Leistung der Ärzte wird hier extrem schlecht vergütet«, so Fritz. »Die 430 Mark, die ein Krankenhaustag kostet, bekomme ich als Internist pro Patient vielleicht im Jahr.« Dies führe dazu, daß immer mehr Ärzte AOK- Patienten im Krankenhaus unterbrächten, obwohl der jeweilige Eingriff auch ambulant durchgeführt werden könnte. »Aber bei vielen Leistungen, beispielsweise bei einer Magenspiegelung, ist die AOK-Vergütung nicht einmal kostendeckend.« Deshalb würden auch viele ÄrztInnen mit immer mehr Privatversicherten die Rentabilität ihrer Praxis gewährleisten.

Einen Ausbau qualifizierter ambulanter Medizin in Berlin wünschte sich die Neurologin Ingrid Hoffmann-Viefhaus. Nach dem bisherigen Honorierungssystem, bei dem die Differenz zwischen den AOK-Sätzen und denen der Ersatzkassen oder privaten Versicherungen so groß sei, sei eine erstklassige Versorgung aller kaum noch gewährleistet. Einigen ÄrztInnen reichte die Demonstration nicht als politisches Mittel. »Gibt es eigentlich für den Kassenarzt etwas anderes, als zu jammern?« fragte ein Internist. jgo